Länderinformation

Serbien

von Thomas Longin (thlongg@yahoo.com

    Stand 2003/2004

(Exkurs Bosnien-Herzegowina)

Überblick: 

Go east, meilenweit - aber mit dem Radl bitteschön. Es zieht dich nach Südosteuropa, auf die "Balkanhalbinsel": aufregender Karst, romantisches Traumwandeln, Geschichte am Wegesrand. Gerade jetzt bieten sich einzigartige Möglichkeiten der echten Begegnung mit Land und Leuten, vor allem in Mazedonien, Albanien, Serbien und Montenegro. Die ewige Trias des Reiseradlers: Abenteuer, Landeskunde, Sport - nie wird sie wahrer als hier und heute. 

Jugoslawien ist nicht mehr, ein feines Radelland dagegen sehr. Grüne Höhen, rauschender Bach, würzige Luft. Kurorte, Klöster, Klisuras. "Ich stillte meinen Hunger mit wilden Früchten, meinen Durst im nächsten Bergquell; die Nacht brach herein, ich lagerte mich unter einem Baum." - Wenn heute in Europa überhaupt noch eine Region als Schoß solch selbstvergessenen Aufgehens in der Natur herhalten kann, dann das südliche Serbien: Traumland aller romantischen Taugenichtse.  

 

Papierkram:  

Reisepass genügt. Unbedingt darauf achten, dass ein Einreisestempel im Pass ist. Da Serbien erst vor kurzem die Visapflicht für westliche Touristen aufgegeben hat, laufen die Grenzpassagen vielleicht nicht immer ganz so lässig ab wie in den Nachbarländern. Bei Polizeikontrollen unterwegs und bei der Ausreise wurde ich stets nach meinen Übernachtungsarten und -orten gefragt; der Hinweis aufs Zelt mit Angabe der "Orte" wurde als Antwort akzeptiert. Evtl. sollte man sich nach längerem Aufenthalt auch auf einige Hotelübernachtungen berufen (evtl. Belege aufheben). Es gibt wohl, wie in anderen Ländern, eine Meldepflicht für Touristen, die nicht konsequent durchgesetzt wird und sowieso fehlgeht, wenn man sich nirgends aufhält, sondern eben reist. Evtl. nützliche Internetadresse: www.mfa.gov.yu. 

Bosnien ist nach dem Abkommen von Dayton geteilt in die Kroatisch-Muslimische Föderation ("Federacija") und die Bosnische Serbenrepublik ("Republika", nicht zu verwechseln mit der "Republik Serbien"); es gibt aber keine besonderen innerbosnischen Grenzposten.

  

Einreise:

 Reise von/ nach Kosov@ ist möglich; siehe Info Albanien. 

Währung: 

Serbischer/ jugoslawischer Dinar, z.Zt. 1 Euro = ca. 65 Dinar. (Wer sehr viel Bargeld dabei hat, sollte sich vielleicht nach den Vorschriften zur Devisenerklärung erkundigen.) Einige wenige Geldautomaten in den größeren Städten, vor allem in Belgrad, aber angeblich noch unzuverlässig. Netz im Ausbau. Bequemer Tausch in Wechselstuben oder auf der Post. Minimale Kursunterschiede, keine Kommission, kein schlechterer Kurs für kleine Scheine. Im Ausland, auch in Montenegro, beim "Juniorpartner" der "Republik Serbien und Montenegro" (SCG = Srbija i Crna Gora), vormals "Bundesrepublik Jugoslawien", kann man mit serbischen/ jugoslawischen Dinars nichts anfangen. Gelegentlich kann man in Hotels direkt in Euro bezahlen, obwohl das nicht ganz legal ist. 

In Bosnien: Bosnische Konvertible Mark, an den Euro gekoppelt mit (früher) 1 KM = 1 DM. Mittlerweile soll es Geldautomaten geben. (2000 gab es in Sarajevo noch keine.) 

 

Geografie des Westlichen Balkans: 

Das Dinarische Gebirgssystem schließt in Slowenien an die Julischen Alpen an und streicht entlang der Adriaküste, durch Albanien, Westgriechenland, Peloponnes, Kreta. (Der südtürkische Taurus führt nach Asien weiter.) Als äußerste Grenzen der Dinariden nimmt man nach Norden die Sava und nach Osten die (bereits in Serbien und Mazedonien beginnenden) bulgarischen Gebirge an. 

Stärkste Karsterscheinungen im Westen in den Kalkdinariden, schmalen mediterranen Küstengebirgsketten (z.B. dalmatinische Küste und Inseln) mit anschließender Hochkarstzone. Vegetation meist dichte Macchia, Waldreste, spärliche Landwirtschaft in den Poljen und Dolinen. Echter Hochgebirgscharakter ab Montenegro: Nationalparks Sutjeska (Bosnien) und Durmitor beiderseits der Piva, weiter z.B. Albanische Alpen (Prokletije), Lura, Sar Planina, Pelister, Tomor, Pindos (und weiter Taigetos, Lefka Ori usw.), Gipfelhöhen um 2.500 m, alpine Formen wie dramatische, durch Gletscher geformte Karlinge, nackte, jähe Felswände, steilste Schotterhänge, "amphitheatrische" Talschlüsse usw. 

(Der Fachbegriff "Karst" kommt vom slowenischen/ serbokroatischen "Kras", dem mustergültig verkarsteten Hinterland von Triest, und bedeutet formenreich korrodierten Kalkstein, sehr arm an Kulturvegetation, mit besonders hellem Gestein, schroffen und steilen Bergformen, Zerklüftungen/Schluchten, Dolinen, Poljen mit roten Bodentypen, wenigen oberirdischen, aber wunderschönen, gern türkisfarbenen Gewässern usw.)  

An den Hochkarst schließt nordöstlich das Innerdinarische Schiefergebirge an mit nur noch gelegentlich auffälliger Verkarstung (z.B. Tara-Nationalpark, Tal der Drina), ansonsten sanfteren und sehr vielfältig geformten Mittelgebirgen mit dichtem Wald, immer noch reich an tiefen Tälern, Schluchten und rauhen Hochflächen. 

 

Geografie Serbiens: 

Nördlich von Sava und Donau Anteil am Pannonischen Tiefland (Region Vojvodina). Südlich von Belgrad beginnen Hügel, die bald zu dicht bewaldeten schluchtenreichen, nach Süden immer höheren Mittelgebirgen (Innerdinarisches Schiefergebirge) bis 2.000 m werden. Durchschnittlich höchstgelegene Region ist der Sandschak an der Grenze zu Montenegro. Südlich des Donaudurchbruchs das Serbische Erzgebirge, in dem der Karpatenbogen ins Balkangebirge (Stara Planina) übergeht. Das Hauptverkehrs-Tal der Südlichen Morava wirkt bereits ein wenig mazedonisch-südländisch. Bevölkerung im Süden Serbiens in Städten und entlang der landwirtschaftlich genutzten, wasserreichen Täler. 

Auch in Bosnien beginnt südlich der Sava (der nördlichen Staatsgrenze Bosniens mit Kroatien) Hügelland, das ins Innerdinarische Schiefergebirge leitet; der Landschaftscharakter ist mit Serbien vergleichbar. Zur südlichen Region Herzegowina hin mehren sich die Karsterscheinungen; deutlicher Übergang z.B. am Pass "Ivan Sedlo" zwischen Sarajevo und Mostar.

 

Klima, Winde des Westlichen Balkans:

Küste und Inseln mit mildem, mediterranem Klima, außerhalb des Sommers z.T. sehr große Regenmengen, hinter den ersten Zügen des Hochkarsts sehr schnell erheblich kontinentaler mit "normaleren" Regenmengen und sehr großen Temperaturgegensätzen: heiße Sommer, überraschend heftige Winter. Für Touren im Hochsommer spricht das normalerweise stabilere Wetter, für die Vor- und Nachsaison neben den erträglicheren Temperaturen auch die viel bessere Fernsicht mit schöneren, echteren Farben. Ab September sollte man beim Zelten überall mit z.T. starker nächtlicher Kondensation rechnen.

Windrichtung wechselnd, bekannt sind vor allem Bora: heftiger, eisiger, trockener Wind aus Nord oder Nordost, eher in den kühleren Jahreszeiten, und Schirokko (Jugo): warmer, oft regenträchtiger Wind aus Südwest. Auch Winde aus Nordwest.

 

Klima Serbiens: 

Im Norden pannonisches Klima mit eher kurzen kalten Wintern und heißen, halbwegs stabilen Sommern. In den Bergen Südserbiens längere Winter, nicht ganz so heiße Sommer und evtl. öfters Regen. Von Mai bis späten September sollte man angenehm radeln können. Im September 2003 folgte auf eine sehr kalte Woche mit Bora eine verregnete, ebenfalls kalte Woche, danach 10 Tage mit perfektem, warmem Wetter.

In Bosnien vergleichbar.

 

Bevölkerung:

Slawische, christlich-orthodoxe Serben, im Norden viele Ungarn, im Südwesten (Sandschak) muslimische Serben, evtl. auch andere muslimische Minderheiten, im Südosten um Presevo und Bujanovac Albanergebiete. 

Die Staaten Osteuropas sind bekanntlich bettelarm: marode "große" Wirtschaft, fehlende Steuern u.a. Staatseinnahmen, Mafia als effektiver Parallelstaat, usw. Privater Reichtum (und damit auch z.T. starker und schneller Verkehr) ist dennoch (bzw. deswegen) verbreitet durch sehr viel Auslandsarbeit und lebhafte "kleine" und vor allem "schwarze" Wirtschaft.

 

Sprachen: 

Serbokroatisch mit normalerweise kyrillischer, ab und zu auch lateinischer Schrift. Einige sprechen Deutsch, manchmal Englisch.

In der Bosnischen Serbenrepublik schreibt man mit kyrillischer, in der Kroatisch-Muslimischen Föderation mit lateinischer Schrift.

 

Übernachten: 

Hotels nicht ganz billig; es besteht anscheinend eine Art Preisstandard um 900-1.500 Dinar für die günstigsten Unterkünfte. (Für Belgrad werden empfohlen die Hotels "Centar Pansion", "Post", "Royal" und die JH "Jelica", siehe www.hostels.org.yu). In kleineren Orten findet man durchaus billige Hotels, z.B. das beinah luxuriöse Hotel "Drina" in Bajina Basta oder das rustikale Hotel direkt neben dem Gemüsegarten des Klosters Studenica, in beiden 600 Dinar für Zimmer (allein) mit Bad. Einige Zeltplätze (Autokamp), z.B. in Perucac an der Drina unterhalb vom Tara-Nationalpark. Ansonsten ist natürlich Wildzelten ziemlich einfach. 

Übernachten in Bosnien ist problematisch, da Wildzelten wegen Verminung vieler Gelände zu gefährlich, Hotels wegen beinahe ausschließlicher Belegung durch humanitäres Personal grotesk teuer sind, und Einheimische meiner Erfahrung nach selten Interesse an Zimmervermietung haben. Eine gute Möglichkeit, jedenfalls das sehr reizvolle östlichste Bosnien zu besuchen, bieten Tagestouren von Serbien oder Montenegro aus. (Mittlerweile wird von vielen günstigen Übernachtungsmöglichkeiten berichtet.) 

 

Verpflegung: 

Lebensmittel überall problemlos und etwas billiger als in Montenegro. Die Keksmarke „Plazma“ verdient besondere Erwähnung. In Pulverform („mleveni“) eignet sie sich zum Mischen mit Müsli. Viele Quellen in den Bergen.

 

Strassen: 

Viele gute Asphaltstraßen, ergänzt durch steinige, bei Schlechtwetter schlammige Feld-, Wald- und Wiesenpisten. Gelegentlich gibt es, wie in Mazedonien, noch Flachsteinpflasterung auf Hauptstraßen. Die Straßen in den Bergen sind eher sanft angelegt, und Serbien erschien mir trotz ebenso vieler Höhenmeter wie anderswo als das am wenigsten anstrengende, manchmal richtig "gemütliche" Balkan-Radelland. 

 

Verkehr: 

Unangenehm sind im Süden natürlich die stark befahrenen Hauptstraßen durch die wichtigsten Täler, z.B. Prijepolje - Uzice - Cacak u.v.a. Sporadische undeutliche Radfahrverbote. Normalerweise liegt man richtig, wenn man die dicken roten Routen der EuroCart meidet, doch es gibt auch unter diesen Straßen mit wenig Verkehr, etwa Hauptstraßen in Randgebiete(n) oder in die Nachbarländer, z.B. Uzice - Bajina Basta - Loznica durchs Drina-Tal; Visegrad (Bosnien) - Kremna; Vlasotince - Pirot; Surdulica - Vlasotinsko Jezero - Bulgarien. Alle Hauptstraßen, die nach Kosova führen, sind schon lange vorher wenig befahren, z.B. die Ibar-Tal-Hauptstraße, obwohl diese außer nach Kosova auch nach Novi Pazar und Montenegro leitet, oder ganz ausgestorben, wie z.B. Kursumlija - Podujevo - Kosova. Wenn man die Reiseroute clever wählt und nur kurze, unbedingt nötige Abschnitte in den Haupttälern zurücklegt, wird die Serbientour ein ungetrübtes Vergnügen. Die Autofahrer verhalten sich im Durchschnitt nicht auffällig radlerfreundlich, aber es sind weit mehr alte, langsame Vehikel unterwegs als etwa in Kroatien, Bosnien oder den ex-jugoslawischen Albanergebieten. 

 

Reiseführer, Landeskunde: 

·                     Dragan Bosnic: The Hidden Serbia, The Karic Foundation Belgrad 2003, ca. 15 Euro, ISBN 86-7594-011-4. Allen Regionen Serbiens südlich der Donau (außer Kosov@) wird in 47 Kapitelchen in 6 Abschnitten (Sumadija, West, Ost, Südost, Stari Vlah, Süd) mit wunderschönen Fotos und zahllosen Anekdoten ein Gesicht verliehen. Sehr anregende Lektüre; gutes Englisch.

·                     Wolfgang Libal: Die Serben - Blüte, Wahn und Katastrophe, 1996. Der dicke rote Faden des Serbentums zieht sich durch 36 kurze Kapitel. Ein Drittel Jugoslawien (ab 1917), ein Drittel zur Milosevic-Epoche, dabei gern vor- und rückgreifend. Sehr klar, sehr anregend, aber natürlich nicht so vertieft wie in Noel Malcolms Büchern.

·                     Ben Haines aus London aktualisiert (immer noch?) anhand von Erfahrungen von Reisenden laufend einen für Radler allerdings wenig hilfreichen Online-Serbien-Führer. Interessant vor allem die Info zu den serbischen Klöstern. E-mail an ben.haines@btinternet.com.

·                     Lonelyplanet: Eastern Europe, 2003 (vermutlich ziemlich wertlos)

·                     Mary Edith Durham: Durch das Land der Helden und Hirten - Balkan-Reisen zwischen 1900 und 1908, Wien 1995. Ausschnitte von Reisen in Montenegro, Nord- und Südalbanien, Makedonien, Serbien und Bosnien. Von der „Grande Dame“ Albaniens und großen Balkanreisenden sollte man lesen, was man nur in die Finger bekommen kann.

·                     Oto Bihalj-Merin: Fresken und Ikonen - Mittelalterliche Kunst in Serbien und Makedonien, München 1958. Schönes Büchlein für Nichtfachleute.

·                     H.-Chr.Diedrich (Hrsg.): Das Glaubensleben der Ostkirche, 1989. Über die Kirchengebäude innen und außen, Ikonenfrömmigkeit usw.

·                     Noel Malcolm: Bosnia - A Short History, London 1996, auch in dt. Übersetzung. Siehe „Zum Balkan allgemein“.

·                     Tim Marshall: Shadowplay, Samizdat B92, Belgrad 2003. Ein eher "subtil rambohafter" britischer Kriegsreporter, für den die britische Regierung und der britische Geheimdienst die Speerspitze der Zivilisation darstellen, erzählt vom Kosovokrieg, seiner Vorgeschichte und seinem Nachspiel bis zur Verhaftung und Deportation Milosevics. Der Autor ist kein ausgewiesener Kenner des Balkans und gibt das auch zu, aber seine hautnahen Reportagen haben ihren eigenen Wert. Und wie er die Strategien der internationalen Diplomatie durchanalysiert, gibt zu denken.

 

Zum „Balkan“ allgemein:

·                     Noel Malcolm: Bosnia - A Short History, London 1996, auch in dt. Übersetzung. Ein buntscheckiges „historisches Puzzle“ Bosniens von einem Liebhaber und gründlichen Kenner des Landes. Jedes Teil wurde bis ins kleinste Detail ausgefieselt, auch schwierigere Ausschnitte wie z.B. die angeblich häretische bosnische Kirche oder die Walachen. Trotz akademischem Anspruch sehr natürliche Sprache; trotz breiter Zielgruppe keine populistische Vereinfachung. Selbstverständlich findet man bei Malcolm oft ganz andere Ergebnisse als im notorischen Balkan-Massen-Schund. Eine sehr reich belegte Hauptthese weist den Bosnien-Krieg als serbien-serbischen Eroberungsfeldzug aus, und erst durch die überaus kräftige Mithilfe der internationalen Politik und der Medien habe sich das Märchen vom „uralten ethnischen Hass“ auf allen Seiten leicht Glauben verschaffen können, wobei schwer zu unterscheiden sei „zwischen dem Nebel des Unwissens und der Nebelwand der Propaganda“. - Wenn ein Land, in dem drei Bevölkerungsgruppen gleicher Sprache, aber verschiedener Religion und Tradition zusammenleben, von einem Land mit Eroberungsgelüsten angegriffen wird, dessen Bevölkerung einer der drei Gruppen nahesteht, liegt es ebenso nahe, von einem „Bürgerkrieg“ zu reden, auch wenn es keiner ist. Er wird dann eben herbeipropagiert (von den Serben) und herbeivermarktet (von den Medien). Das ist geschehen. - Wenn sich das Ausland einmischt und nicht Fachleute bestimmen, sondern Leute, die sich an fernsehenden Wählern orientieren, wird schiefgehen was schiefgehen kann. Das ist geschehen. - Wenn man aus all dem den Schluss zieht, sich in Zukunft noch mehr an fernsehenden Wählern zu orientieren, was geschieht dann? -- Es gibt zwei weitere Bücher von Malcolm zu Bosnien: „Bosnia“, 2002, und „Ottoman Bosnia - A History in Peril“, 2004.

·                     ders.: Kosovo - A Short History, Macmillan 1998, auch in dt. Übersetzung. Gleich ausgestattetes „Puzzle“ Kosov@s, womöglich noch tieferschürfend: 13 Seiten zu den „dardanischen“ Ursprüngen der Albaner (und Rumänen und Walachen), 23 Seiten zur Amselfeldschlacht, 24 Seiten zur serbischen Auswanderung 1690, 33 Seiten zu Kosov@ während der albanischen Rilindja (nationale Erneuerung), alles zu Hasan Prishtina, Bajram Curri und Rexhep Mitrovica, undundund. -- Es gibt ein weiteres Buch von Malcolm zu Kosov@: „Kosovo“, 2002. -- Wer nur ein oder zwei Werke zum „Westbalkan“ lesen will, ist mit Noel Malcolm bestens bedient.

·                     Viktor Meier: Wie Jugoslawien verspielt wurde, Beck'sche Reihe, 3.Aufl.1999, sowie:

·                     ders.: Jugoslawiens Erben, Beck'sche Reihe 2001. Zuverlässige Beurteilung des letzten Jahrzehnts in Ex-Jugoslawien, klare und logische Darlegung ("roter Faden"), gut lesbar, kenntnisreich und ausführlich belegt.

·                     Wolfgang Libal: Lebendiger Balkan, Verlag Fritz Molden 1982 (vergriffen) - oder sein ebenfalls vergriffener, ausführlicherer Prestel-Führer von 1987. Balkan-Experte, kann und wird man hundert Mal lesen. Seinen neueren Werken, z.B.:

·                     ders./ Christine von Kohl: "Der Balkan - Stabilität oder Chaos in Europa", Europa Verlag 2000, mangelt es leider an Prägnanz.

·                     Karl Kaser: Hirten Kämpfer Stammeshelden - Ursprünge und Gegenwart des balkanischen Patriarchats, Wien 1992. Das beste und lesbarste Buch von Kaser. Die unterschiedlichen „ways of life“ in Nordalbanien und Teilen Kosov@s, Montenegros und der Herzegowina einerseits und Südalbanien, Westmakedonien und Nordgriechenland andererseits werden v.a. hergeleitet aus den Wegen, die zwischen Winter- und Sommerweide liegen/lagen: kurz im Norden (z.B. Shkodra - Malesia), lang im Süden (Myzeqe oder Thessalische Ebene - Binnengebirge). Illyrisches Erbe, Ahnenkult, Blutrache, Wirtschaftsformen, Zeitenwandel etc. werden seziert und lebendiger vermittelt als in anderen Büchern Kasers. (Kasers Werke sind leider oft hölzern und trotz äußerer Gliederung innerlich konfus, die Gedanken wahllos übers ganze Buch verstreut, und man hat nicht den Eindruck, dass er die Texte überarbeitet.)

·                     ders.: Macht und Erbe - Männerherrschaft, Besitz und Familie im östlichen Europa (1500-1900), 2000. Eine weitere Zusammenstellung der Stoffe und Ideen, die Kaser über seine vielen Bücher verteilt.

·                     ders.: Familie und Verwandtschaft auf dem Balkan - Analyse einer untergehenden Kultur, Wien 1995. Leider allzu langatmig und nur für absolute Kaser-Fans.

·                     ders.: Ahnen und Kannibalen - Zum Problem von Formen und Symbolik verblassender kannibalischer Praktiken auf dem Balkan, in: Hedwig Röckelein (Hrsg.): Kannibalismus und europäische Kultur, Tübingen 1996. Ein kleines „Schmankerl“, das Appetit macht auf die große Reise.

·                     Svein Mönnesland: Land ohne Wiederkehr - Ex-Jugoslawien: Die Wurzeln des Krieges, 1997. Eine der besseren Gesamtabhandlungen mit der Geschichte der einzelnen Westbalkan-Ethnien.

·                     Michael W.Weithmann: Balkan-Chronik - 2000 Jahre zwischen Orient und Okzident, 1997. Ebenfalls gutes und spannendes All-Round-Balkan-Buch. Anders als Mönnesland erfasst er auch Ungarn, Rumänien, Bulgarien und Griechenland, und legt etwas mehr Gewicht auf Byzanz, Osmanisches Reich, die nationalen „Wiedergeburten“ etc. als auf die neueste Zeit.

·                     Dorothea Gräfin Razumovsky: Der Balkan - Geschichte und Politik seit Alexander dem Großen, 1999. Eine Revue der Balkangeschichte in persönlich gefärbter Erzählweise.

·                     Maria Todorova: Die Erfindung des Balkans, 1999. Der totale Kontrast zu allen anderen Literaturangaben: inhaltsloses, rein wissenschaftstheoretisches Werk, x-beliebiges Gestottere, in unerhörten Schachtelsätzen kongenial übersetzt. In diesem Sinn ein köstlicher Scherzartikel. Semesterliteratur, doch selbst für die akademischste Vertiefung in Sachen „Balkan“ nur Blödsinn. Vermutlich sollen Geisteswissenschaftler so lernen, ihre Le(e)hre durch Jargon gegen „Laien“ zu verbarrikadieren.

·                     Beck/ Bernath/ Camaj u.v.a. (Hrsg.): Südosteuropa unter dem Halbmond - Untersuchungen über Geschichte und Kultur der südosteuropäischen Völker während der Türkenzeit, Beiträge zur Kenntnis Südosteuropas und des Nahen Orients Band 16, München 1975. Interessante und kurzweilige Aufsätze zu allen möglichen Balkan-Themen.

·                     Milos Okuka: Eine Sprache viele Erben - Sprachpolitik als Nationalisierungsinstrument in Ex-Jugoslawien, 1998. „Hurra, ich bin dreisprachig.“

 

Internetinfo wie immer im Thorntree-Forum der LonelyPlanet-Website:

·                     http://thorntree.lonelyplanet.com/categories.cfm?catid=15 

 

Landkarten:

 

·                     Euro-Regionalkarte (EuroCart) "Serbien Montenegro Mazedonien" 1:300.000, in Deutschland bisher vom RV-Verlag, in Italien im gleichen Cover-Design von Studio F.M.B. Bologna (Copyright Mairs Geographischer Verlag/ Falk Verlag), in Griechenland von ROAD Editions. -- Auch für eine ausführliche Tour genügend detailliert und zuverlässig, aber nicht fehlerlos. Gelbe Routen weisen nicht unbedingt auf eine Asphaltdecke hin, z.B. auf Kopaonik - Kursumlija zwischen Blazevo und Selova; Prolomska Banja - Dobra Voda; Kriva Feja - Ljubata um die Besna Kobila. Die „rote“ Strecke Prijepolje - Sjenica besteht allerdings nicht; genausowenig wie Ivanjica - Sjenica in „rot“; auch nicht Podujevo (Kosov@) - Leskovac am Batlava-Stausee vorbei; vermutlich weitere Fehler.

·                     In größerem Maßstab (1:500.000 bis 1:800.000) sind von mehreren Verlagen Karten der Staaten Ex-Jugoslawiens erhältlich.

 

Sehenswertes: 

Im Süden grüne Mittelgebirge mit unzähligen Schluchten (klisura) und kurvigen Passstraßen, erinnernd z.B. an den Schwarzwald oder die Slowakei, Stauseen, Wäldern, weiten Aussichten, gelegentlich auch hervortretenden Karstphänomenen. „Asiatische“ Grassteppe im Pestersko Polje. Herrliche Nationalparks Tara (besonders gepflegt) und Kopaonik, sehr viele Kurorte als Beleg wohltuender Natur, viele orthodoxe Klöster hohen Rangs. Glühende Verehrer Eichendorffs finden in Serbien vielleicht noch ihr „Gelobtes Land“, zumindest für einige Wochen im Sommer. 

Warum man im Norden Serbiens (Region Vojvodina) radeln sollte, könnte ich nicht sagen.

 

Routenvorschläge: 

·                     Ideale Einreise von Mazedonien am kleinen Grenzposten südich des Klosters Prohor Pcinjski, hübsche Schlucht, schöner kleiner Pass, Tal der Südlichen Morava (in Gegenrichtung auf ca. 2 km ausnahmsweise sehr steil). Deutlicher Übergang von Süd- nach Mitteleuropa. Im Morava-Tal keinesfalls die schmale zweispurige, stark befahrene "Autobahn", sondern die Nebenstraßen benutzen.

·                     Sehr schöner Südosten mit den nach Kopaonik und Stara Planina an der bulgarischen Grenze dritthöchsten Bergen Serbiens, immer wieder herrliche Aussichten. Traumhafte Runde um den "serbischen Mont Ventoux" (1.900 m, kahl mit einer großen Sende-/ Empfangseinrichtung auf dem Gipfel), Stauseen, wunderschöne einsame Täler und Schluchten. Hinter Vranjska Banja rechts ab nach Kriva Feja, Asphalt, sehr kurvig, angenehme Steigung, sehr wenig Verkehr. Zwischen Kriva Feja und Bosilegrad gute, wenig anstrengende Schotterpiste (in Gegenrichtung besonders angenehmer Aufstieg), sehr hoher Pass an einem Obelisk unterhalb eines merkwürdigen Teerkessels o.ä., fantastisches Panorama. Vor Bosilegrad links ein verwinkeltes einsames Tal aufwärts, kleiner Stausee, wieder Pass mit viel Aussicht. Vlasinsko-Stausee, schöne westliche Uferstraße, ab hier immer die Vlasina hinab, kleine Sträßchen, enge Schluchten. Wahlweise östlich des Sees (viele Walderdbeeren) hinab zur bulgarischen Grenze, kurz davor links ab und einige km bergauf, um ab dem Dorf Preslap einem rechten Nebenfluss der Vlasina zu folgen. Der Stausee östlich Vlasotince existiert nicht, sondern nur einige niedrige Staustufen. Nach Leskovac in einer breiten Polje des Morava-Tals, oder von Svode mit vielen Höhenmetern nach Nord entlang des eindrucksvollen Höhenrückens Suva (1.800 m) nach Nis (türkischer Schädelturm „Cele Kula“).

·                     Von Leskovac genau westlich auf abenteuerlichen Wegen zum Kurort Prolomska Banja. Asphalt bis weit hinter Bojnik, südlich-trockene Landschaft Pusta Reka ("Wüstenfluss"). Aufwärts, Asphaltende, immer auf deutlicher Hauptpiste bleiben, ein oder zwei Siedlungen, am Schluss einige km durch dichten Wald anstrengend aufwärts. Eine traumhafte freie, sehr einsame Mittelgebirgs-Hochlage mit Blick auf den Kurort tief im Tal wird erreicht; an der Einmündung in einen genau querverlaufenden Weg fährt man links 2,3 km flach, danach (höchster Punkt) immer abwärts kurvig durch dichten Wald, bei Nässe sehr schlammig. (Angeblich erreicht man den Kurort auch rechts ab nach ca. 9 km.) In Gegenrichtung aufwärts immer auf dem besten, deutlichen Hauptweg bleiben, an dem Wegedreistern am höchsten Punkt links (rechts geht es noch weiter hinauf), nach 2,3 km rechts hinab.

·                     Von Kursumlija über Nationalpark/ Skizentrum Kopaonik am höchsten Berg Serbiens ins Ibar-Tal. Asphalt bis Selova, wo ein neuer Staudamm gebaut wird, dann gute Piste entlang der Toplica, vorbei am Abzweig zum Kurort Lukovska Banja (ansonsten bis Kopaonik keine Abstecher nach Süd wegen Grenznähe zu Kosova). Vor Blazevo wieder Asphalt (direkter Weg den Fluss entlang existiert nicht oder nicht zu finden), Pass mit Checkpoint, einige Hotels, in Brzece links, auf klassischer Serpentinenstraße und mit immer waghalsigeren Blicken zurück hinauf zum grossen Skigebiet Kopaonik. Hässlicher Ort (evtl. funktionierender Geldautomat im Foyer des grossen 4-Sterne-Apartment-Komplexes direkt an der Straße), gleich weiter und lange wunderschön abwärts, weiterer Kurort vor dem Ibar-Tal.

·                     Das bedeutende serbische Kloster Studenica (Walnussmassen im September) erreicht man auf Asphalt von Usce im Ibar-Tal, ausserdem über einen wie üblich sehr schönen und angenehmen Pass und ein ebenso typisch serbisches schmales grünes Tal, zuletzt mindestens 10 km Piste, vom weiter westlich gelegenen Tal der Moravica.

·                     Von Ivanjica im Moravica-Tal ein Stück nordwärts durch die „Himbeerkammer“ Serbiens nach Prilike, von hier sehr abwechslungsreich und anstrengend über Katici, Mocioci und Jasenovo zum Zlatarsko jezero unterhalb Nova Varos; um Mocioci ein längeres Stück auf Schotter.

·                     Von Ivanjica nach Süden ins muslimisch besiedelte Pestersko Polje, etwa 1.000 m hoch gelegen, das „Tibet Serbiens“, den einsamsten Teil des „Sandschak“ (genauer „Sandschak Novi Pazar“), den die Österreicher „Schandsack“ getauft haben, eine ehemalige Verbannungsgegend, die sehr an anatolische Beckenlandschaften erinnert, im Gegensatz zu diesen aber durch Flüsse entwässert wird, vor allem durch Vapa und Uvac über mehrere schöne Stauseen nach Nord und durch Raska nach Ost. Das osmanische Reich hat hier mit am längsten ausgehalten, vielleicht wegen der Erinnerung an die endlosen asiatischen Steppen mit ihren weiten Himmeln. Die „rote“ Route der Karte besteht anscheinend nicht; die westliche gelbe Straße ist asphaltiert. Viele Walderdbeeren werden in patri-archaischer Arbeitsteilung zu Geld gemacht: Frauen Feldarbeit, Männer Verkauf (d.h. Kontakt zum Feind bzw. Kunden). Anstieg bis 1.500 m am Vasilin Vrh, dann bald deutlicher Übergang von feuchtgrün und dicht bewaldet zu Grassteppe und Karst. Hauptort des Pestersko Polje ist Sjenica (lt. Schild 16.500 Einwohner - Ist der Vermerk der Einwohnerzahl aus der Türkei entlehnt?) - Alternativ die östliche gelbe Strecke auf Pflasterstein und Piste durchs Bioreservat „Park Golija“ (1.800 m). Es genügt aber, von Süden her auf sehr steilen Erdpisten den Pass Prekobrdo (1.578 m) anzusteuern, herrliche Blicke.

·                     Novi Pazar - Sjenica: angenehmer Anstieg, mehrere Quellen, Verkehr.

·                     Von Novi Pazar vorbei an den Ruinen von Ras, der „Hauptstadt“ des mittelalterlichen serbischen Reichs unter Stefan Nemanja (Bruder des Hl. Sava) und am bedeutenden Kloster Sopocani ins Pestersko Polje hinauf. Ruhig und angenehm, ab dem Kloster Piste mit Asphaltabschnitten. Im Polje einige z.T. desolate Dörfer, zunehmend weltfern. Rückfahrt evtl. über kurzen steilen Pass nach Tutin mit sehr „neutürkischem“ Charakter, von dort durch schönes gewundenes Tal zum Ibar an der Grenze zu Montenegro.

·                     Am „Abzweig“ des Ibar von der Hauptstraße nach Novi Pazar liegt in einer steilen Klamm (rechts vom Fluss) das kleine Felsenkloster Crna Reka. Sehr steile Auffahrt.

·                     Von West gibt es nur zwei Aufstiege ins Pestersko Polje. Von Nova Varos auf Asphalt vorbei an einem Ferienort des Zlatar ist die einfache Variante. Von Prijepolje führt nur die gelbe Strecke nach Sjenica, weitgehend Piste, z.T. schlecht, mit steilen Abschnitten und vielen Höhenmetern; die rote Strecke existiert nicht. Der Asphalt führt nur zum piekfeinen, bedeutenden Kloster Milesevo; Richtung Südost glänzt vom Fuß eines großen einzelnen Felsen mit Burgruine ein Minarett her, vermutlich im Ort Hisardzik. Abzweig rechts ein oder zwei km vor dem Kloster. Nach dem letzten Pass mit Quelle und Moschee rechts weiter; bald Einmündung in Asphaltstraße Nova Varos - Sjenica.

·                     Im kleinen, sehr feinen Tara-Nationalpark (genaue Karte erhältlich) auf einem Plateau hoch über dem "Drina-Knie" kann man mit Radeln und Wandern einige erholsame Tage verbringen. Umrundung des Stausees unterhalb Mitrovac; steile Piste hinab nach Rastiste in einer felsigen Schlucht, evtl. weiter Richtung Jagostica. Atemberaubender Aufstieg in den Park von Perucac an der Drina, sanfterer Übergang nach Süd.

·                     Vom Tara-Nationalpark/ Bajina Basta lohnt sich ein Tagesausflug in die Berge von Srebrenica in der Bosnischen Serbenrepublik. Grenzpassage nahe Bajina Basta, ca. 7 km gute Schotterpiste während Aufstieg von der Drina, sonst alles Asphalt. Blicke auf den gegenüber liegenden Tara-Nationalpark, extrem atmosphärische Hochweiden- und Waldlandschaft mit "Farn-Urwäldern" und sonstigem dichtesten Unterwuchs, vom Krieg gezeichnet. Niedriger Pass in die nicht nur wegen der sehr heftigen Kriegsandenken beeindruckende Schlucht von Srebrenica; unterhalb des Orts ein vollkommen überdimensioniertes neues Monument und viel Verkehr. Grenzübergang nach Serbien bei Ljubovija; zurück nach Bajina Basta durchs wenig befahrene Drina-Tal.

·                     Das besonders sehenswerte rauhe Ostbosnien (Trebinje - Bileca - Gacko - Sutjeska - Srbinje - Gorazde - Visegrad, evtl. weiter: - Rogatica - Vlasenica - Zvornik) lässt sich ohne Übernachtungsprobleme in Tagesausflügen von Serbien oder Montenegro aus erleben, weil die Grenzübergänge genügend nah beieinander liegen. Zwischen Srbinje (Foca) und Ustipraca im Drina-Tal unterhalb von Gorazde wird übrigens eine neue Straße entlang von Ceotina und Janjina gebaut, vermutlich um den bosnischen Serben die Durchfahrt durchs "föderative" Gorazde zu ersparen. Der steile Anstieg von der Drina bei Ustipraca lässt sich übrigens vermeiden, wenn man ab Seoca auf einem Grasweg ein Stück die Janjina entlang hoppelt.

Marokko ] Tunesien ] Jordanien ] Libyen ] Mali/Niger ] Libanon ] Ägypten ] Kanaren ] Mauretanien ] Griechenland ] Kasachstan ] Albanien ] Mazedonien ] Russland ] Syrien ] Montenegro ] [ Serbien ] Iran ] Tuerkei ] Georgien ] Armenien ] Westbalkan ] Sudan ] VAE ] Oman ] Eritrea ] Jemen ]

 

Home

Radreisen Radsport