Länderinformation

Eritrea

von Thomas Longin (thlongg@yahoo.com

    Stand 2/2003

Überblick:

Einen Neuanfang mitzuerleben, ist immer etwas Besonderes, in Afrika nicht anders als in Osteuropa. Feine Leute, dazu beispiellos attraktive und abwechslungsreiche Landschaften, und alles wie gemacht zum Radfahren. - Erlesener geht es nicht: ein extravaganter Höhepunkt für anspruchsvolle Radabenteurer, a very distinguished destination indeed: il Bellissimo Paese. Yeghinyelli!

Papierkram:

Visum problemlos innerhalb weniger Tage für 50 Euro in Berlin. Gültigkeit zur Einreise 3 Monate ab Ausstellung, erlaubte Aufenthaltsdauer 1 Monat (auch über "date of expiry" hinaus). In Eritrea kann man zweimal um je einen weiteren Monat verlängern (Ministry of Internal Affairs/ Department of Immigration and Nationality, in Asmara nahe des Zentrums), gerechnet nicht ab Verlängerungszeitpunkt, sondern ab altem Ende des bisher erlaubten Aufenthaltszeitraums. Kosten bei Sofortausstellung der Verlängerung jeweils 50 USD, bei 3 Tagen Wartezeit 40 USD.

Je nach Tourprogramm braucht man weitere Papiere: 

·                     Permit zum Besuch von Filfil im "grünen Eritrea", vom Tourismusministerium neben Cinema Impero, form- und kostenlos, am nächsten Morgen abholen. Normalerweise muss genauer Tag des Besuchs angegeben werden, aber man kann es mit Begründung auch für einen Zeitraum (z.B. 16.-26. Januar) ausgestellt erhalten. Checkpoint vom Hochland bereits kurz vor Beginn des Downhills, ca. 10 km von der Hauptstrasse Asmara - Keren; ohne Permit kein Durchkommen. (Das Tourismusministerium taugt ansonsten zu nicht viel; aktuelle Informationen waren nicht erhältlich.)

·                     Permits zum Besuch der Ausgrabungsstätten, vom Nationalmuseum, sofort ausgestellt, kein ausdrücklich begrenzter Gültigkeitszeitraum. Die Stätten sind auf mehrere Zonen aufgeteilt, z.B. "Southern Zone" mit Quhaito, Metara, Keskese usw., "Northern Red Sea Zone" mit Adulis und Dakhlak Kebir, Gebühr je Zone z.Zt. 50 Nakfa.

·                     Zum Besuch von Nakfa bräuchte man z.Zt. ein Permit vom Verteidigungsministerium, das vermutlich nicht ohne weiteres erhältlich ist; Checkpoint ca. 1 km nach Ortsende Afabet und neuem Abzweig ins Küstentiefland.

·                     Permit zum Besuch der orthodoxen Klöster (z.B. Debre Bizen, Debre Sina, evtl. Debre Libanos), von deren Hauptquartier in Asmara weit draussen an der Strasse zum Flughafen.

·                     Zu Besuchen in der "UN Temporary Security Zone" bis Senafe und Barentu (auch von Mendefera - Shambiko aus) braucht man kein Permit mehr. 

Einreise:

Realistischste Einreiseart Flug nach Asmara (in Zukunft wahrscheinlich auch nach Massawa); ziemlich teuer (günstigste Gesellschaft Egypt Air: einfach ca. 540 Euro, Fahrradmitnahme allerdings unverschämt teuer).

Über Land schwierig: Grenzen mit Äthiopien (3 Asphaltstrassen) wohl mittelfristig geschlossen; Übergang von Sudan Kassala - Tessenei ebenfalls immer wieder geschlossen, ausserdem verlässliche Info selbst in Sudan und Eritrea nur schwer zu ermitteln, d.h. Reiseplanung kann scheitern (ansonsten gibt es bei www.lonelyplanet.com in den Länderinfo/ Postcards eine Beschreibung der Grenzpassage); von Djibouti zwar möglich, aber mit dem Rad wegen sandiger Pisten vermutlich nur per MFG (selten).

Per Schiff nur durch MFG auf Frachtschiff irgendwelcher Art und Grösse (Ansprechpartner immer Kapitän persönlich, nicht die Schiffahrtsgesellschaft) oder Privatjacht, z.B. von Jemen, Ägypten, Sudan, Djibouti; einziger legaler Ein- und Ausreisehafen z.Zt. Massawa (Hafen Assab nur für Binnenverkehr offen). Die Mitnahme von Trampern auf Schiffen wird offiziell zunehmend ungern gesehen. Die Eritrean Shipping Line (Büro in Asmara neben Hotel Nyala, Eingang im Hinterhof; Büro in Massawa im 1.Stock des Gebäudes neben dem zerstörten Kaiserpalast) lehnt MFG auf ihren Schiffen strikt ab (ausser nach Assab). Beim Kapitän natürlich evtl. trotzdem möglich. Vermutlich viel Zeit, Geduld und Glück notwendig: grosses Risiko, wochenlang in einer Hafenstadt abzuhängen und dann doch fliegen zu müssen. Siehe auch Jemen.
 

Elektronische Geräte müssen bei der Einreise unbedingt deklariert werden.

Währung:

Nakfa, z.Zt. 1 USD = um 14 Nakfa (offiziell), weit über 20 Nakfa (privat, illegal), hohe Inflation, keine Devisenerklärung. 

Legaler Tausch der gängigen Währungen bei Banken und in den (wenigen) Wechselstuben, möglichst in Asmara. Keine Geldautomaten. 

Die schlechtesten Kurse gibt es bei Banken und staatlichen Wechselstuben. Private Wechselstuben zahlen "offiziell" ca. 20 Prozent mehr, je nach Höhe des Tauschbetrags evtl. auch noch mehr (erscheint nicht auf Beleg). Bisher war Tausch zu noch viel besseren Kursen bei Schwarzhändlern vor allem ums Postamt von Asmara üblich. Um die ruinöse Inflation einzudämmen, bekämpft der Staat u.a. den Schwarzmarkt: um den Jahreswechsel 2002/3 wurden die Schwarzhändler verhaftet und im Januar und Februar nicht wiedergesehen (gelegentlich wurde ich auf der Liberty Avenue gegenüber der Kathedrale angesprochen). Schwarztausch ist in Eritrea ein sehr ernsthaftes Delikt, und man sollte das Risiko nicht eingehen; harte Währungen haben hier auch zu legalen Kursen riesige Kaufkraft. (Allenfalls könnte man mit eritreischen Bekannten im "stillen Kämmerlein" tauschen.) Sogar die privaten Wechselstuben mit ihren mittleren Kursen werden hin und wieder für ein paar Tage von der Polizei geschlossen; ein kleiner Bargeldvorrat in Nakfa ist also keine schlechte Idee.

Geografie:

Eritrea liegt im Norden der riesigen Grabenbrüche Ostafrikas: Seit die Arabische Halbinsel von Afrika wegdriftet, bilden sich die beiden breiten, vom Ozean gefüllten Gräben des Roten Meers (in Nordwest-Südost-Richtung) und des Golfs von Aden (in West-Ost-Richtung). Südlich von Massawa zweigt als weiterer Graben die Danakilsenke in Nord-Süd-Richtung quasi vom Roten Meer ab. Der so gebildete Keil, ein angedeutetes Dreieck mit "pacman-artig" eingedrückter Hypotenuse, wird "Afar Triangle" genannt; es trennt die Kontinentalplatten der Arabischen Halbinsel, des Äthiopischen Hochlands und der Somali-Halbinsel. (Von seinem "rechten Winkel" etwas östlich von Addis Abeba setzt sich das Grabensystem im schmalen Ostafrikanischen Graben mit den Seen Südäthiopiens und Kenias nach Süd fort.)

Geografisch besitzt Eritrea Parallelen zum östlichen Rotmeeranrainer Jemen, mit dem es vor vielen Millionen Jahren ja verbunden war (Urkontinent Gondwana). Africa Felix?...

Die Berge der Südost-eritreischen Region Dankalia (Eritreas "Pfannenstiel") und in und um Djibouti werden vom "Afar Triangle" eingeschlossen, sind sozusagen "von Pacman geschluckt worden". Der grosse "Rumpf" Eritreas wird charakterisiert durch die steile westliche Bruchschwelle des Roten Meers und ihre allmählichere, stark verworfene Abdachung nach West.

Hinter der um 1.000 km langen eritreischen Küste liegt das wenige Dutzend km breite, durchaus nicht überall ebene Küstentiefland. Nach West steigt man sehr schnell ins Hochland auf 1.500 bis über 2.500 m. Im Norden Eritreas liegen aufregende schroffe, eher kleinräumige Felsgebirge mit manchmal ungewohnten Farben und Formen; nach Süd, am deutlichsten um Adi Keyh und Senafe, beginnt das Äthiopische Hochland mit Hochplateaus, Canyons und den typischen kleinen Tafelbergen (Ambas). Weiter nach West verliert man mit viel Auf und Ab langsam an Höhe; die Landschaft wird zur Savanne. Die gängige Bezeichnung "Western Lowlands" täuscht aber: Plattes Land ist das Gelände keineswegs, und erst bei Agordat gerät man wesentlich unter 1.000 m Meereshöhe.

Die feuchteste und intensivst genutzte Region Eritreas findet man in den mittleren Lagen des Aufstiegs zum Hochland, vor allem um Ghinda, oder um Filfil, wo es sogar noch schüttere Reste tropischen Walds gibt.

Klima, Winde:

Im Küstentiefland unangenehm feuchtheiss, im Sommer unzumutbar. Viele Wolken und etwas Regen etwa Januar bis April, vor allem um Massawa und den Golf von Zula (erinnert dann fast ein wenig an die irische Westküste), durchaus in Form von ekligem Nieselregen. Nach Süd immer weniger Regen. Wind jedenfalls im Süden eher aus südlichen und östlichen Richtungen. Ende Januar von Assab bis ca. Tio kräftiger Wind aus Süd/ Südost/ Ost, ab Tio mehr aus West/ Nordwest, aber weniger stark.

Ganzjährig angenehm im Hochland (z.B. perfektes Klima in Asmara), im Winter nachts frisch, im Sommer nicht zu heiss, trockene Luft, intensive Sonne. Im Januar/ Februar fast immer wolkenlos, etwas Regen März/ April (in 2003 bereits ab 20.Feb. ungewöhnlich heftiger Regen in weiten Teilen Eritreas), "grosse" Regenzeit im Hochsommer. Windrichtung erschien mir unspezifisch, Stärke meist erträglich.

Im Westen (abgemildertes) Sahelklima mit Trockenzeit ab "Herbst", warmen "Wintern", im "Frühjahr" zunehmend heiss und staubig bis zur (dürftigen) Regenzeit im "Sommer". Eine klare Hauptwindrichtung analog zum Harmattan-Nord-/ Ostwind des Sahel habe ich nicht bemerkt. Ab und zu muss man wohl Staub- und Sandstürme erwarten.

Malaria:

Unterhalb von 2.000 m sollte man mit Malaria rechnen (z.B. in Keren bereits viele Moskitos), vor allem in der westlichen Savanne mit angeblich sehr hohem Risiko. Empfohlen wird Prophylaxe mit Lariam.

Bevölkerung:

Multiethnisch: mindestens neun Ethnien, die sich vor allem seit der Kolonialperiode als eine Nation verstehen. Hauptvolk vor allem im Zentrum Eritreas Tigrinya mit ca. der Hälfte, daneben Tigre mit ca. ein Drittel Anteil. Religionen: diverse christliche, Islam, etwas Animismus.

Neben den überwältigenden Landschaften begeistern in Eritrea die oft besonders sympathischen Einheimischen. Über den legendären, unendlich zähen 30jährigen Freiheitskampf der ungewöhnlichen Nation und das schwierige Jahrzehnt nach der Gründung des eigenen Staats (u.a. blutiger Grenzkonflikt mit Äthiopien) muss man sich vor der Reise unbedingt informieren.

Die äthiopientypischen regelmässigen Hungersnöte gibt es in Eritrea anscheinend auch, vermutlich viel weniger als dort durch die Machenschaften einer korrupten und unfähigen Verwaltung/ Regierung als tatsächlich durch ausbleibenden Regen usw. Die ebenfalls aus Äthiopien bekannten Reiseschwierigkeiten ("You you you you you you...") erlebt man in Eritrea dagegen (noch?) nicht.

Sehr viel UN-Personal, Mitarbeiter von Hilfsorganisationen, sonstige Expats aus vielen Ländern, vor allem in Asmara. Die Eritreer stehen dem Engagement des Auslands bisher übrigens recht skeptisch gegenüber und wollen (politisch) unabhängig bleiben und niemandes "client state" werden. Man darf gespannt sein.

Sprachen:

Amtssprachen Tigrinya, Arabisch, Englisch. Eindeutige Hauptsprache Tigrinya (nicht einfach wegen noch komplizierteren Lautsystems als Arabisch und Geez-Schrift wie Amharisch), aber eine echte Lingua Franca, die jeder versteht, gibt es nicht. Englische Basics sind einigermassen verbreitet; bei älteren Leuten kann man manchmal mit Italienisch weiterkommen. Eventuelle Amharischkenntnisse sind sicher nützlich (aber Vorsicht). Verständigung normalerweise afrikanisch flexibel und unkompliziert. Als Zweitsprachen z.B. bei Beschriftungen findet man manchmal nur entweder Arabisch oder Englisch.

Übernachten:

In Asmara riesiges Angebot an Hotels und Pensionen aller Preisklassen; gute Qualität bereits für wenige Euro. Ausserhalb der Hauptstadt "normale" Hotels nur in einigen grösseren Orten, ansonsten fast in jedem nennenswerten Ort Einfachstunterkünfte (aber sehr sauber) bis hin zum Bettgestell im Hof einer Buschkneipe für 0,50 Euro.

Wild gezeltet habe ich nur im Küstentiefland. In Bergen, Hochland und Savanne gibt es dermassen viele kleine Soldatencamps, die leicht zu übersehen sind, dass es nachts manchmal peinlich werden könnte. Evtl. gilt aufgrund der Erfahrungen der Eritreer aus Befreiungskampf und Grenzkonflikt ein nächtlicher Fremder in der Wildnis schnell als "Feind", und das nicht nur für Soldaten.

Verpflegung:

Viele kleine Läden mit allerdings überschaubarem, billigem Angebot, Kekse (z.B. gute einheimische Sorte "Africana"), Halva, Marmelade, Obst auf Märkten (billig und gut im Januar/ Februar z.B. Guaven). Überall einfache Buschrestaurants; gut z.B. Ful (Bohnenbrei wie in Sudan), Spaghetti oder die auf Dauer allerdings unbefriedigende Nationalspeise Inghera. In Asmara kann man sich sehr günstig mit Konditoreiprodukten mästen.

Ich habe immer das möglichst saubere Wasser der Einheimischen verwendet (nach Entkeimung). Allerdings stammt es wohl oft genug aus den grossen Blechfässern überall am Strassenrand, die von Wassertankwagen aufgefüllt werden. Ausser zwischen Massawa und Assab gibt es keine allzu langen Abschnitte ohne Versorgungsmöglichkeit. Eine Tour nur mit Flaschenwasser dürfte möglich sein, mit Glück und viel Geschleppe auch von/ nach Assab.

Spezielle Gefahren:

Minen vor allem in Grenzregion zu Äthiopien, Warnschilder um Senafe und zwischen Shambiko und Barentu. Auch z.B. an der Rotmeerküste. Ansonsten soll das meiste geräumt sein, aber letzte Sicherheit besteht natürlich nicht.

Im Grenzgebiet zu Sudan marodieren wohl (sudanesische) Rebellen und Banditen. Ansonsten noch ein (schon beinahe realitätsfremder) Hort des Anstands (untypische Ausnahme: ein schwerer Überfall auf Touristen nahe Filfil vor einigen Jahren). Asmara nimmt als afrikanische Haupt- bzw. Grossstadt das Johannesburg, Nairobi, Lagos usw. gegenüber liegende Extrem auf der "Sicherheitsskala" ein.

Restriktive Gebiete:

Nakfa und Strasse dorthin z.Zt. nur mit Sondererlaubnis, ansonsten vermutlich direkte Grenzregion zu Äthiopien problematisch, evtl. weiteres. Auf meiner Tour gab es ausser Nakfa keine Restriktionen; bei den Checkpoints, die die Busse gründlich kontrollieren, wird man meist durch gewunken.

Rad, Ausrüstung:

Aufgrund der vielen Pisten besonders stabiles Rad, geländetaugliche Bereifung, möglichst leichtes Gepäck. Speziell für die Savanne im Westen viel Flickzeug; extrem dornverseuchte Abschnitte (z.B. zwischen Shambiko und Barentu). Trotz viel Alltagsradfahren und Radsport mit z.T. hochwertigem Gerät findet man übrigens keine Geschäfte mit westlichen Qualitätsprodukten.

Zelt, Schlafsack und Biwakzubehör kann man gut zuhause (bzw. in Asmara) lassen, dann aber unbedingt Moskitonetz.

Strassen:

Asphaltstrassen (Qualität z.T. neu und gut, z.T sehr holprig):

·                     Asmara - Keren - Agordat - Barentu

·                     Asmara - Massawa

·                     Asmara - Mendefera - Äthiopien

·                     Asmara - Dekemhare - Senafe - Äthiopien

·                     Nefasit - Dekemhare

·                     "Gahtielay-Sheeb road" ab Gahtielay am Fuss der Berge nach Nord (Asphalt auf ca. 70 km ab Gahtielay).

Auch die Piste Massawa - Assab soll bald asphaltiert werden.

Hauptpisten gut ausgebaut; Extratouren auf Nebenpisten im Gebirge/ Hochland gut möglich; gegen West und an der Küste vermutlich Probleme mit Sand.

Wunderschön kurvige Strassenanlage; sehr viele Höhenmeter, aber Steigungen meist sehr angenehm (z.B. Massawa - Asmara).

An Checkpoints, selbst meist schwer zu erkennen (winziger Strohunterstand oder gar nichts), ist ein Draht oder Seil über die Strasse gespannt, oft genug ohne irgendeine Markierung: arg aufpassen.

Verkehr:

Überall gering, selbst in Asmara und auf der Hauptstr. nach Massawa höchstens einmal mittelstark. Normalerweise rücksichtsvoll, aber ungeübt. Manchmal fast "hasenfüssig", woraus wieder ganz eigene Problem entstehen können (Missverständnisse, trotz wenig Verkehr stockender Verkehrsfluss). Absurder-, von zuhause allerdings ja nicht ungewohnterweise, sind in Asmara einige Hauptstrassen und Kreisverkehre für Radfahrer verboten, und die braven Einheimischen halten sich leider auch daran...

Innerorts übrigens viel Radverkehr, ausserorts viele trainierende Radsportler (italienische Kolonialtradition). In grösseren Orten manchmal witzige Radrennen.

Transport:

Busse auf Hauptstrecken, Fahrradmitnahme auf dem Dach. Vermutlich könnte man unterwegs leicht einmal einen Pickup chartern bzw. sich mitnehmen lassen. Evtl. wird die Eisenbahn wieder einmal in Betrieb genommen.

Eine ganz besondere Art Binnentransport ist das zwischen Massawa und Assab pendelnde kleine, sehr heruntergekommene Frachtschiff "Angelos". Mitfahrt auf dem mit Soldaten und Sträflingen vollgepferchten Deck kostet für Touristen z.Zt. 98 Nakfa (Tickets im Büro der Eritrean Shipping Line neben dem zerstörten Kaiserpalast). Abfahrtstermine unregelmässig und wetterabhängig (evtl. einige Tage warten). Dauer der Fahrt je nach Seegang (meist rauh) ab 28 Stunden (bei mir im Januar 42 Stunden). Unbedingt Unterlage zum Liegen auf schmutzigem Deck und genug Wasser, evtl. Reisetabletten mitnehmen. Kein Schatten und nur unsauberes Wasser aus einem Fass (bald leer).

Reiseführer, Landeskunde:

Lonelyplanet "Ethiopia, Eritrea & Djibouti" (11/2000) und der Bradt Guide "Eritrea" (3.Auflage 2002) sind beide sehr gut brauchbar und ergänzen sich gut. Bradt ist aktueller und mehr routenorientiert als LP. (Preisangaben in beiden Führern sind natürlich überholt.) In beiden Werken viele Literaturtips. Das deutschsprachige Bändchen "Reiseland Eritrea" von Ludwig Langknecht, Max Kasparek Verlag 1998, bietet fast nur Hintergrundinfo, z.T. beinahe im Stil einer Gratisbroschüre, und lohnt die Anschaffung nicht. Zuletzt für 4/2003 angekündigt ist "Reiseland Eritrea" von Stefan Boness/ Tanja Müller, Edition Aragon, 216 S., ISBN 3-89535-063-X.

Martin Zimmermann: Eritrea - Aufbruch in die Freiheit, Verlag Neuer Weg Essen 1990 (vom Befreiungskampf der EPLF und der Eritreer)

Karten:

"Eritrea" vom ITM 1:900.000 fand ich im Vergleich zu anderen ITM-Produkten hervorragend und akkurat. Komfortable farbige Höhenstufen und sogar lesenswerte Zusammenfassung der Landeskunde. Michelin 954 allenfalls für ganz groben Überblick.

Internet:

Aktuelle Info am besten im Reisendenforum thorntree.lonelyplanet.com.  

Viele I-Cafes in Asmara, mindestens eines auch in Massawa, aber extrem unzuverlässig, oft katastrophal langsam bzw. zusammengebrochen (am besten noch, wie üblich, vormittags).

Sehenswertes:

Landschaftlich für mich ein Höhepunkt: sehr harmonisch, eher kleinräumig, überraschend abwechslungsreich, oft grandios wie das Beste aus Jordanien, Marokko, Iran; ausser der Umgebung Asmaras und einigen Abschnitten an der Küste fand ich restlos alles äusserst sehenswert. Insgesamt war für mich Eritrea attraktiver als Jemen.

Ausserhalb von Asmara (und evtl. Massawa und Assab) findet man nur einfaches ländliches Afrika (selbst Keren ist eigentlich ein grosses Dorf), sehr gut zugänglich, offene Leute, angenehmes Reisen. In gewissem Sinn verbinden sich in Eritrea die landschaftlichen Reize Ostafrikas mit dem Vorzug besonders interessanter und liebenswerter Leute, für den eigentlich vor allem Westafrika bekannt ist.

Die Ausgrabungsstätten lohnen sich wegen geringer Entwicklung bisher eher nicht, auch wenn z.T. Guides (nicht gerade professionell) verfügbar sind. Quhaito ist wegen der attraktiven Lage "on top of it all" (Steilabfall Richtung Meer) einen Besuch wert.

Die Rotmeerküste zw. Massawa und Assab ist übrigens zur touristischen Entwicklung vorgesehen, vor allem die Tauchgründe um Massawa und die Dakhlak-Inseln.

Streckeninfo:

In Eritrea ist der Radler König, das Land zum Radfahren prädestiniert. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln dürfte man sehr viel schlechter herumkommen. - Ein Königreich für ein Fahrrad!

Die Asphaltstrassen und Hauptpisten genügen für mindestens 4 bis 6 Wochen Radfahren. Die besten Abschnitte (z.B. Asmara Richtung Massawa, Richtung Keren - Afabet, Richtung Senafe, Richtung Filfil) kann man ohne Langeweile mehrmals fahren; ausserdem fallen in den Bergen immer wieder Möglichkeiten zu improvisierten Abstechern auf. Einen Teil des Gepäcks lässt man in Asmara und unternimmt von dort verschiedene (Rund-) Touren. Wenn die Zeit knapp ist, verzichtet man vielleicht am besten auf die lange Strecke von Assab nach Massawa bzw. fährt nur nach Tio und zurück (einen Weg per MFG) oder nur um den Zula-Golf bis zum Eintritt in die Buri-Halbinsel und von dort wieder zurück.

Strecken im Küstentiefland:

·                    Assab - Massawa (Vorzugsrichtung wegen Wind) über Beylul - Idi - Tio - Marsa Fatma - Galalo - Foro, ca. 600 km Piste. Die südlich der Buri-Halbinsel und vor allem südlich von Tio nagelneu ausgebaute und zur baldigen Asphaltierung gedachte Hauptstrecke führt meist küstennah, oft sogar direkt am Strand entlang, und nie in die Berge. Früher musste man zwischen Beylul und Tio weit ins Landesinnere, vermutlich noch viel interessanter, aber problematische Pistenqualität und Versorgungs-, evtl. auch Orientierungsprobleme. Auch im Bradt-Führer wird zwischen Beylul und Idi noch eine alte, vermutlich traumhafte Route im Land beschrieben (ominöser Ort "Wadi"). Am schönsten fand ich einen längeren Abschnitt südlich von Idi (hügelige schwarze Lavalandschaft) und die Fahrt um den Zula-Golf (erinnert ein wenig an die irische Westküste, z.B. Connemara, vor allem bei Nieselregen). Ansonsten auch längere eintönige "Kilometerfresserei". Evtl. lohnt sich der Abstecher von Marsa Fatma nach Süd in die Danakilsenke. -- Assab - Beylul fast Asphaltqualität, wenige km hinter Beylul von alter Piste im rechten Winkel nach rechts abbiegen (z.Zt. nur mit Baufirmenschild gekennzeichnet), nach einigem Kreuz und Qür auf z.Zt. noch schlechten alten Abschnitten erreicht man den neuesten Teil der eritreischen "Rotmeermagistralen". Bis zum Erreichen des Golfs von Zula erlaubt die Piste meist sehr schnelle Fahrt, danach bis Massawa ziemlich holprig, vor allem bis Irafayle (auch viele kurze Steigungen). Südlich von Tio sollte man am besten für 100 km Wasser dabei haben, nach Nord genügt dann weniger. Notfalls gibt es immer irgendwelche Fischerhütten, Checkpoints, Baustellen usw. Fehlorientierung ist übrigens kaum möglich.

·                     Massawa - Gahtielay: knapp 50 km beschwingtes Warmfahren durch schöne Hügel; in Gahtielay nochmal Energie tanken (gutes Ful) für Aufstieg nach Asmara.

·                     Gahtielay nach Nord: zuerst 70 km Asphalt (neue "Gahtielay-Sheeb road"), anschliessend meist gute Piste nach Nord mindestens bis Höhe Marsa Gulbub, vermutlich durchgehend bis Karora ganz im Norden. Ungefährer Streckenverlauf anhand ITM-Karte: Gahtielay - Shibah (?) - "dünne" Strecke vorbei an Sheb Mensheb - wieder "dicke" Strecke und gleich (vor Eintrag "Abarara") ab auf "dünne" Strecke am Fuss der Berge ganz nach Nord. Die dick eingezeichnete Verbindung Afabet - Abarara - Sheb Mensheb - Dogali existiert vermutlich gar nicht oder ist aufgegeben. -- Ab Gahtielay: erste ca. 10 km Möglichkeiten zum Zelten neben der Strasse, km 22 Abzweig links nach Filfil (klein beschildert: "Solomuna", "Serejeka"), km 43 "Strohhüttenstadt" Sheb Mensheb, km 67 z.Zt. Asphaltende und Knick nach West, km 73 grosses Flussbett, km 88 kleines Dorf, km 115 Abzweig links nach Afabet, die gute Piste führt weiter nach Nord... 

Aufstieg ins/ Downhill vom Hochland:

·                     Gahtielay - Asmara: die Legende lebt; fast 2.500 Höhenmeter auf gutem Asphalt, mässiger Verkehr (evtl. stören die sehr langsamen Lkws), Steigung sehr angenehm, immer wieder flachere Stücke, überall Wasser und Cafes, ideale Trainingsstrecke. Wer's nicht ganz packt, übernachtet für 15 Nakfa im einfachen aber mückenfreien "St. George Hotel" (auch geeignet für den Marsch auf Debre Bizen; angenehme Terrasse) in Nefasit kurz vor dem Abzweig nach Dekemhare und fährt am nächsten Morgen das letzte Stück, Frühstück direkt nach dem 8 km langen Uphill im genial gelegenen Cafe "Seidieci". -- Massawa/ Gahtielay - Asmara kann und wird man gern mehrmals fahren, vor allem den obersten Teil ab Nefasit: Schöner kann's mit dem Rad eigentlich nicht mehr kommen. Einziges Negativfeature der Strecke ist der regelmässige starke winterliche Nebel - aber was soll's: der Nebel schützt vor der Sonne, und irgendein Abschnitt ist immer klar. Mal hat man bis Ghinda freie Sicht und betritt dann den Nebel, der sich hinter Nefasit schnell wieder verzieht; mal liegt der untere Bereich in Nebelschwaden, und ab Ghinda klart es auf. (Man beachte auf der Strecke übrigens auch die fantasievoll geschwungene Mittellinie.)

·                     Serejeka - Filfil - Gahtielay: die "Pistenlegende", Downhill (fast 2.500 Höhenmeter) über unzählige Serpentinen und wechselnde Bergrücken auf oben sehr staubiger, nach unten lehmiger Piste (nach Regenfällen Schlammschlacht). Auch als Uphill realistisch. Im oberen Bereich gibt es ein oder zwei Abzweige, die man weiterverfolgen könnte. Im Winter leider oft, genau wie die Asphaltabfahrt, im Nebel. Nach stärkerem Regen wird die Piste gelegentlich geschlossen und repariert. -- Am Ortsende Serejeka (ca. 20 km von Asmara, Ort nicht oder undeutlich beschildert) kurz vor langem Downhill rechts auf rote, sehr breite, neue und gute Piste abbiegen, ca. 10 km vorwiegend leicht bergauf, dann Checkpoint und 500 m später Beginn der Abfahrt. Ab hier ca. 37 km bis "Filfil proper" direkt am Wadi, weitere 20 km mit mässigem bis geringem Gefälle bis zur "Gahtielay-Sheeb road" (bei km 22 ab Gahtielay). Auf etwa 10 km gleich oberhalb von Filfil bestehen Möglichkeiten zum diskreten Zelten, weiter oben gibt es viel zu häufig Soldatencamps. Falls man einen Uphill versucht, kann man bei diesen mit Wasser (lokaler Qualität) rechnen.

·                     Die dritte und vermutlich einzige weitere praktikable Route von der Küste ins Hochland führt von der beschriebenen Verlängerung der "Gahtielay-Sheeb road" auf breiter, neuer und guter Piste ziemlich geradlinig (anfangs langgezogener Bogen) und mit einheitlicher, sehr mässiger Steigung hinauf nach Afabet (ca. 1.000 m Meereshöhe, am Rande eines grossen Beckens, 1988 Schauplatz des berühmten "Battle of Afabet"). Von dort auf einmalig schöner Pistenstrecke nach Keren (ca. 1.400 m Meereshöhe) oder, falls erlaubt, nach Nakfa. Vom Abzweig von der Tieflandpiste (bei km 115 ab Gahtielay) sind es ca. 35 km bis zur Einmündung in die Piste Afabet - Nakfa ein kurzes Stück vom Markt und nördlichen Ortsende von Afabet.

·                     Als weitere (sehr theoretische) Möglichkeit, zwischen Hochland und Meer zu verkehren, könnte man versuchen, mit unbeladenem MTB in Begleitung einheimischer Saho-Nomaden vom Quhaito-Plateau (ca. 2.600 m Meereshöhe) nach Foro/ Irafayle zu gelangen; Dauer als Fussmarsch angeblich 3 Tage. Aber vermutlich reiner Blödsinn... 

Hochland/Berge und westliche Savanne:

·                     Asmara - Mendefera - Barentu - Agordat - Keren - Asmara: unbedingt fahren, besonders schön Mendefera - Molki und Keren - Asmara. Keren und Agordat gefielen mir von allen Orten Eritreas am besten, auch jeweils sehr schöne Umgebung; von Keren tolle Abstecher auf steinigen Pisten nach Afabet, Halhal (und evtl. weiter) und Debre Sina - Gheleb, vermutlich weitere. Die Distanzen Keren - Agordat - Barentu (und vermutlich - Tessenei) sind im Bradt-Reiseführer versehentlich trotz km-Bezeichnung in Meilen angegeben, d.h. viel zu geringe Werte. Viele Dornen zwischen Shambiko und Barentu; auch auf Asphalt Barentu - Agordat sollte man öfters die Reifen kontrollieren. (Sehr "dornig" vermutlich auch der Weg nach Tessenei.)

·                     Asmara - Dekemhare - Nefasit - Asmara: geniale Trainingsrunde über gut 100 km, bevorzugt in der angegebenen Richtung wegen perfekter physiologischer und szenischer Dramaturgie mit Finale furioso.

·                     Dekemhare - Adi Keyh - Senafe: eine der schönsten Strecken, vermutlich nicht viel weniger Höhenmeter als Massawa - Asmara, zunehmend brachiale und weiträumige Canyonlandschaft (Übergang zum äthiopischen Hochland), viele Aussichtspunkte, sehr langer aber angenehmer und äusserst spektakulärer Aufstieg vor Adi Keyh, Abstecher nach Quhaito nicht vergessen, angenehme Unterkunft in Senafe.

·                     Gute Piste von Tera-Emni an der Strasse Asmara - Mendefera durch sehr schöne Landschaft nach Dekemhare.

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