Arafo | Las Cañadas del Teide | ||
Teno-Gebirge | Los Cristianos |
Los Roques | Alto de Garanonay | Valle Gran Rey | |
Vallehermoso | Playa Santiago |
Reiseinfos Teneriffa/La Gomera
Zwei
lange Wochen im kalten November hatten wir Zeit, Hamburg zu entfliehen und die Sonneninseln
Teneriffa und La Gomera unsicher zu machen. Die ersten Tage
wollten wir von der Südseite Teneriffas aus die Cañadas del Teide erfahren und dann nach einer Verschnaufpause nach La
Gomera übersetzen, um die Insel für den Rest der Zeit zu erkunden.
Der
Anflug auf Teneriffa stimmte uns nicht gerade froh: die Insel ist aus der
Vogelperspektive braun und wirkt vegetationslos bis auf ein paar überdachte
Plantagen. Das sollte unser Radurlaub sein - Rad fahren auf dieser kargen Insel?
Die
Zweifel verstärkten sich, als wir den Flughafen verlassen und auf die Straße
fahren. Es gibt vom und zum Flughafen nur eine Autobahnzuführung und keinerlei
Umgehungsmöglichkeiten, geschweige denn einen Radweg. Also kämpfen wir uns
durch den nicht geringen Verkehr,
der jedoch sehr rücksichtsvoll fährt bis zum ersten Autobahnabzweig, um dort
auf der Landstraße unsere Tour zu beginnen. Leider lässt der Verkehr nicht
nach, es ist heiß und geht zu allem Überfluss auch noch stark bergan. Eben
waren wir noch fast auf der Höhe des Meeresspiegels, nun sind wir bereits auf
über 200 m und können uns durch nichts ablenken, was schön wäre. Es ist heiß,
vegetationsarm und landschaftlich wenig reizvoll. Doch dann ab etwa 300 Höhenmetern
merken wir, dass die Anstrengungen sich peu à peu zu lohnen beginnen: Kakteen
und Sukkulenten wachsen neben der Straße so selbstverständlich wie daheim nur
im Tropischen Garten, der Verkehr geht gegen null, wir genießen die Fahrt, auch
wenn es weiter bergan geht.
Wir
kommen aus dem Staunen gar nicht mehr heraus, was die Natur so zu bieten hat,
als sich erste Barrancos auftun, tiefe Schluchten, die sich aus den Bergen bis
zum Meer ins Gestein gefressen haben und die alle erdenklichen Gesteinsfarben
und -formen zeigen. Doch damit nicht genug, eben zeigte sich die Natur von ihrer
schönsten Seite, da biegen wir um die Ecke und gelangen in einen wunderschön
an den Hang geschmiegten Ort mit weißgetünchten Häusern, Bougainville an den
Häuserwänden, sehen alte Männer mit Hut im Schatten sitzend ihre Siesta
abhalten, durchfahren den Ort über eine
Allee aus Eukalyptusbäumen, haben an diesem ersten Nachmittag eine
atemberaubende Fahrt , weil es auf der Südhangstraße über 50 km immer so
weitergeht und immer neue Perspektiven bietet.
Als
wir den ersten größeren Baum an der Strecke erreichen, machen wir in seinem
Schatten eine erholsame Pause von der gnadenlos warmen Sonne und fallen über
die Rosquettes her. Ein
paar Höhenmeter weiter oben ändert sich das Bild - die Luft wirkt auf uns
bei 20° C angenehm kühl
und viele Kiefernbäume spenden Schatten. Ein
Rennradfahrer hat uns eingeholt und fragt und auf spanisch nach dem Woher und Wohin. Wortreich erklärt er uns seinen Plan,
an einer Radveranstaltung teilzunehmen und dass er auf dieser Straße immer
sonntags trainiert. Verstehen kann ich ihn gut - nur zum Antworten fehlt die
Kraft. Kurz nachdem er uns verlassen hat, sehen wir am Straßenrand in einer
Lichtung einen Pulk von Jägern , der Siesta macht - auf einem Grill duftet es nach frisch
gebratenem Fleisch, eine Gallone Rotwein kreist in der Runde, die Jagdhunde
halten sich dezent im Hintergrund. Wir nutzen die Gelegenheit, um nach Wasser zu fragen und werden gleich zu
einem Becher Wein eingeladen. Dankend lehnen wir ab, denn nach dem Kraftakt bergan würde uns ein einziger Tropfen Alkohol vom
Rad fällen. Also adiós und weiter geht es mit gefüllten Wasserflaschen mehr
oder weniger auf einem Niveau von 2000 m. Die Straße ist in einem guten Zustand
und der Verkehr gering. Leider ist
die Weiterfahrt jedoch trotzdem anstrengend, weil es nun zwar nicht mehr so
steil ist, dafür aber der Wind stark von vorn kommt. Als wir den Kiefernwald
verlassen, kommen wir auf eine Art Hochebene, die so ganz anders aussieht als
wir es erwartet hätten. Plötzlich ist der Blick frei auf eine weite karge
erodierte Landschaft, die verschiedenste Farben und bizarre Formen freigelegt
hat: eine breite Steinwelle, die von einer weißen Ader durchzogen ist, türmt
sich meterhoch neben der Straße auf und lässt uns zwergenhaft klein
erscheinen, erdiges Rot scheint den
Hang hinunter zu strömen, nur
durchbrochen durch das schwarze Band der Straße. Rechte Hand schauen wir auf
eine weite schwarze Ebene, auf dem kaum etwas wächst. Nur wenige Kilometer
davon entfernt erreichen wir das Meteorologische Observatorium von Izaña. Die
Gebäude in dieser Landschaft sehen aus, als ob sie einem Science Fiction Film
entnommen wurden. Doch stehen die Gebäude nicht ohne Grund hier oben in der Einöde,
da die Bedingungen für Beobachtungen hier durch die geringe Luftverschmutzung
so gut sind wie sonst nur auf Hawaii und in den Anden.
Es ist später Nachmittag und wir überlegen uns langsam, wo wir denn übernachten könnten. Ausgerüstet mit einer kompletten Campingausrüstung suchen wir erneut nach einem angemessenen Platz. Offizielle Campingplätze gibt es auf Teneriffa nur einige wenige, die wir später noch kennenlernen sollen. Wildes Zelten ist in den Nationalparks verboten und sonst auch nicht erlaubt aber geduldet. Nach unserer Erfahrung , wie die Spanier mit Verboten umgehen, hatten wir jedoch keinerlei Bedenken, irgendwo unser Zelt aufzustellen, wo wir nicht auffallen und so fanden wir nach längerem Suchen einen traumhaften Platz mit Blick auf den Teide außerhalb des Nationalparks.
Dazu muss gesagt werden, dass das Gelände ab dem Observatorium glücklicherweise mit Strauchwerk dicht bewachsen ist, in dem wir praktisch unsichtbar zelten konnten. Bei einem ausgiebigen Essen genießen wir die Stimmung des Sonnenuntergangs. Normalerweise kann es nachts auf dieser Höhe im November schon mal frieren aber dadurch, dass es so tagsüber so ungewöhnlich heiß war, kühlte es auch nachts zu unserem Glück nicht unter 5°C ab - und die dicken Handschuhe, Jacken und Stirnbänder konnten in den Gepäcktaschen bleiben.
Warum das Observatorium hier oben steht, wurde anschaulich deutlich, als die Sonne unter- und der Sternenhimmel aufging. So ein klares Sternbild haben wir beide in Deutschland noch nie gesehen. Fasziniert starren wir in den Himmel bis wir irgendwann von Müdigkeit übermannt einschlafen.
Die
Sonne weckt uns am folgenden Morgen und wir starten früh in den Nationalpark.
Leider sind sämtliche Bars am Eingang des Parks noch geschlossen, so dass wir
ohne gefrühstückt zu haben weiterfahren. Doch Hunger kommt auf dem Weg
durch
den Park erst gar nicht auf, bei dem, was es zu entdecken gibt:
Erosionslandschaft,
die an die Sahara erinnert, Tunnel aus erstarrtem Magma, die aussehen, als hätten
sich überdimensionale Wühlmäuse durch die Erdoberfläche eine Weg geebnet und
eine Pflanzenwelt, die sich nur hier oben entwickeln konnte, trotz oder wegen
der unwirtlichen Bedingungen. Fasziniert beobachten wir das Schauspiel
aufsteigender Wolken, die die Landschaft immer wieder anders erscheinen läßt.
Nach einem kurzen Abstecher bei Los Roques verlassen wir die Cañadas schweren
Herzens kurz vor Mittag, weil
Massen von Reisebussen und auch Mietwagen die Atmosphäre nicht gerade
vorteilhaft verändern. Die Abfahrt ist dann auch wieder faszinierend, weil die
Ostflanke des Teide ganz anders aussieht als die Westseite, von der wir gekommen
sind: zuerst geht es durch ein Gebiet stacheliger schwarzer erstarrter Lava, die
von dem letzten Ausbruch von 1798 stammt und auf der es bis heute keine Pflanze
geschafft hat, Fuß zu fassen. Erst als wir dieses Lavafeld verlassen haben und
in ein Gebiet kommen, daß schwarz ist vom Aschenregen dieses Ausbruchs, taucht
Vegetation auf: hellgrüne Kiefern
bilden auf dem schwarzen Boden kontrastreiche Farbtupfer. Gerade als wir
bemerken, daß wir ziemlich hungrig sind, kommen wir unerwartet während der rasanten Abfahrt an einem Restaurant
vorbei, wo wir uns mit einem Menü und einem leckeren Rotwein für unsere Fahrt
auf 2300 m belohnen. Schweren Herzens radeln wir dann nachmittags weiter in
Richtung Küste. Irgendwo zwischen Guia und San Juan soll es einen Campingplatz
geben, der demnächst eröffnet wird oder schon eröffnet wurde.
Nach fast 40 Kilometern bergab, kurz vor Erreichen des Meeresniveaus taucht an einem Abzweig von der Hauptstraße ein Campingsymbol auf, dem wir widerwillig folgen: es ist heiß, das Sträßchen führt durch häßliche Tomatenplantagen und vorbei an Schweineställen, aus denen gedämpfte Grunzer und übler Geruch zu uns hinüber wehen. So geht es über Kilometer nur bergan - erneut müssen wir uns bei weit über 30 Grad im Schatten 300 Höhenmeter bergauf quälen. Der Platz ist von einem freundlichen niederländischen Paar geführt und so eine Art Refugium von Rentnern aus verschiedenen europäischen Ländern. Individualreisende kommen selten vorbei. Der Holländer klärt uns auf, daß wir uns gar nicht so hätten anzustrengen brauchen, schließlich sei der Platz von Guia (500m über Meeresspiegel) in 5 Minuten zu erreichen. Er dürfe aus behördlichen Gründen lediglich in dem Ort kein Hinweisschild auf den Campingplatz aufstellen - die Behörde hat dabei wohl nicht an Radfahrer mit viel Gepäck gedacht...
Der
schattenlose Platz bietet einen traumhaften Blick direkt auf unser nächstes
Reiseziel: La Gomera. Bevor wir dorthin aufbrechen, wollen wir ein bißchen
Kraft tanken, waschen, Vorräte auffüllen und einen Tagesausflug ohne unser Gepäck
ins Tenogebirge machen. Bekannt ist
das Tenogebirge vor allem durch den Bilderbuchort Masca.
Ferienhäuser, Fincas und Ferienwohnunngen auf Teneriffa kann man übrigens bei der Ferienhausagentur Stefan Flach buchen.
Vom
Campingplatz starten wir am nächsten Morgen über eine ziemlich stark befahrene
Panoramastraße bis wir in Santiago del Teide auf den Abzweig nach Masca stoßen.
Die Straße baut sich vor uns in steilen Serpentinen auf, als führte sie direkt in den Himmel: ein graues mit weißen
Seitenbegrenzungen gefaßtes Band. Oben angekommen ein atemberaubender Blick:
Masca liegt unvermutet tief unter uns an der schmalen Straße, die sich
in den Ort hinab windet und ihn wieder steil bergan in die grüne Landschaft verläßt, eine Landschaft die so saftig ist, daß
man meint, sich im Hochsommer irgendwo an der Irischen Küste zu befinden. Bei näherem
Hinsehen wachsen hier jedoch zu viele fremdartige Pflanzen: üppige Palmen,
Gummibäume und viele verschiedene Blumen, die wir nicht kennen.
Das nächste Highlight ist eine Piste quer durch einen Lorbeerwald, die von Las Portelas an der Nordflanke des Tenogebirges startet und nach Ejos ins Inland führt. Wo die Piste starten würde, fragen wir zwei Spanierinnen, die am Straßenrand plaudern: "A la palma" - dort ist sie dann auch als Wanderweg ausgeschildert. Die wunderschöne Strecke schlängelt sich an einem Hang entlang stetig leicht bergauf. Wir durchqueren dichten Lorbeerwald. Die Bäume erinnern an Birken oder Erlen, von den Ästen hängen lange Moosflechten, der Wald dampft von aufsteigender Feuchtigkeit und strahlt etwas mystisches aus. Als wir Ejos erreichen und wieder Asphalt unter den Räder haben, sind wir beinahe enttäuscht. Nach Santiago del Teide ist es nun nur noch ein Katzensprung. Langsam passen wir uns dem spanischen Lebensstil an: pünktlich um 14 Uhr überfällt uns Müdigkeit und wir machen, nachdem wir uns mit einigen Tapas eingedeckt haben, eine ausgiebige Siesta im "Stadtpark" von Santiago. Neben uns eine Schulklasse, die grillt und gemeinsam singt sowie zahlreiche Paare mittleren Alters, die genüsslich bei einer Flasche Rotwein picknicken - so schön kann das Leben sein. Wir dehnen die Siesta so lange aus, daß wir erst im letzten Licht wieder auf dem Campingplatz ankommen.
Über
die Hauptstraße von Guia nach Los Cristianos, die in einer Autobahn mündet,
fahren wir am folgenden Tag zum Hafen von Los Cristianos, wo die Fähren
nach La Gomera übersetzen. Es gibt jede Menge Straßen auf Teneriffa, die nicht
zum Radfahren geeignet sind, und diese gehört dazu. Ein unglaublicher Verkehr
quillt in Richtung von Los Cristianos und genauso in Gegenrichtung- glücklicherweise
geht es hauptsächlich bergab, so daß wir die nervenaufreibende Fahrt relativ
schnell überstehen. Das, was wir auf unserer kurzen Stippvisite von Los
Cristianos gesehen haben reicht uns, um ohne Bedauern Abschied zu nehmen und auf
unser neues Ziel zuzusteuern.
Wir
ergattern im Hafen ein Ticket bei der Olsen-Linie, zurren unsere Räder im Bauch
des Schiffes fest und suchen uns einen netten Deckplatz, wo wir frühstücken
und nach Delphinen und Walen Ausschau halten. Leider ohne Erfolg - obwohl wir
angestrengt ins Wasser starren, zeigt sich kein einziges dieser Meeressäugetiere,
die sich angeblich zwischen den Inseln tummeln sollen. Dafür
ist relativ bald schon San Sebastián in Sicht. Der Ort klebt an einem Hang und
kommt näher und näher. Als wir nach 90 Minuten
Fahrt im Hafen von San Sebastián landen und die Fähre verlassen, spüren wir
sofort die Andersartigkeit des Ortes: San Sebastián existiert nicht, wie die
Orte in Teneriffas Süden, weil es Touristen gibt, sondern obwohl es Touristen
gibt. Beim Fahren durch die Gassen erledigen wir ein paar Einkäufe und finden den Ort auf Anhieb sehr sympathisch.
Das soll uns jedoch nicht davon abhalten, wieder einmal bergan zu fahren.
Wir verlassen den Ort auf der südlichen Straße in Richtung des Dachs von La
Gomera, wo auf 1200 m Höhe ein üppiger Regenwald wachsen soll. Die Straße
steigt schnell an und gibt immer neue Blicke auf den Ort frei. Die Sonne brennt
und wir können uns kaum vorstellen, dass sich daran etwas ändern soll. Doch
als wir eine Höhe erreichen, von der aus wir die Küste nicht mehr sehen können,
wird die Landschaft bizarr: dichter Nebel zieht in Schwaden auf und zerreißt
das Gesamtbild der Landschaft in unvollständige Puzzleteile: wir erahnen eine
tiefe Schlucht, Palmen, ein Gehöft. Der Nebel, oder sind es Wolken? - wird immer dichter, bis wir auf ca. 1000 m über
dem Meeresspiegel eine Bar erreichen, in der sich ein paar LKW-Fahrer stärken
und wir die Gelegenheit dankbar nutzen, auch eine Pause einzulegen. Hier gibt es
typische Landesküche: Kressesuppe, Kiechererbseneintopf, gebratenes Fleisch.
Wir schlagen kräftig zu und fahren mit neuer Energie geladen weiter im Nebel
bergan. So sieht also das Dach von La Gomera aus: die Landschaft hier oben ist
so ähnlich wie der Lorbeerwald im Tenogebirge auf Teneriffa, nur sehr viel üppiger
und feuchter.
Trotz der Luftfeuchtigkeit und der Höhe ist es noch relativ warm, etwa 20°C. Ortschaften gibt es keine. Wir passieren mehrere Aussichtspunkte, von denen aus man bei guter Sicht mehrere Roques sehen kann, die wie alte graue Zahnstümpfe aus dem Lorbeerwald ragen. Entstanden sind diese Basaltgesteinsformationen als Überbleibsel von Vulkanausbrüchen. Man kann sich das so vorstellen, daß aus einem Vulkan Lava geschossen kommt, die erstarrt und viel härter ist als der Vulkanschlot ringsum. Dieser Schlot wird durch Erosion abgetragen, die erstarrte Lava bleibt aber wie eine Säule in der Landschaft stehen.
Heute
umspielen dichte Wolken die Roques, was die Landschaft sehr verwunschen wirken
lässt.
Kurz nachdem wir die Aussicht genossen haben, erreichen wir den Abzweig nach El
Cedro, wo wir auf einer Piste den Regenwald durchqueren wollen. Diese Piste
ist sehr gut ausgebaut und von im ersten Teil von vielen Wanderern
besucht.
Nach
circa 3 Kilometern sind wir jedoch allein und treffen auf der ganzen Strecke
keine Menschenseele mehr. Die Stimmung in diesem Wald ist ganz eigenartig: es
riecht wie in einem mitteleuropäischen Mischwald nach Laub, auch die
Feuchtigkeit erinnert eher an Mitteleuropa als an eine Insel, die westlich der
Sahara im Atlantik liegt. Die Ureinwohner nutzten die Feuchtigkeit in den Wäldern,
indem sie von den Blättern der Bäume Tau schöpften - ein bißchen mühsam
vielleicht, aber da die Insel so gut wie keine Quellen hat, wohl sinnvoll, um an
Trinkwasser zu gelangen. Früher einmal sollen alle Kanarischen Inseln so
bewachsen gewesen sein, bis Eroberer dem Wald durch Rodung den gar aus gemacht
haben.
Da es inzwischen immer später wird und durch den dichten Wald nicht sehen können, wo wir uns in etwa befinden, wird es uns etwas mulmig und wir sind froh, als wir das Ende der Piste erreichen und die letzten Kilometer vor Sonnenuntergang wieder auf Asphalt fahren können. Links neben der Straße finden wir einen wunderschönen Platz zum Zelten, wo wir es uns gemütlich machen. Am nächsten Tag durchqueren wir den Parque Nacional de Garajonay, besuchen La Laguna Grande und genießen den Blick vom höchsten Punkt der Insel, dem Alto de Garanonay mit stolzen 1487 m.
Am
liebsten würden wir die ganze Zeit hier oben bleiben, doch leider ist die Insel
so strukturiert, dass jeder nennenswerte Ort am Meer liegt, man also immer etwa
1000 Höhenmeter hinunter und natürlich auch wieder hinauf überwinden muß, um
von einem Tal ins nächste zu gelangen.
In Chipude, einem malerisch gelegenen Ort, in dem traditionelle
Töpferwaren
angeboten werden, machen wir Mittagspause in einer Bar. Wieder gibt es
landestypische Gerichte, die sehr lecker schmecken. Die Art, hier mit Tourismus
umzugehen, fasziniert uns. Weder werden wir wegen der Töpferwaren angesprochen,
noch wird in der Bar "Tourifraß" serviert - die Menschen hier scheinen glücklicherweise ein gesundes
Selbstvertrauen zu haben und sich nicht vom großen Geld des Tourismus kaufen zu
lassen.
Der
nächste Ort, den wir erreichen, ist Arure, dessen bunte Häuser uns an einen
walisischen Fischerhafen erinnern- nur, daß Arure auf immerhin 800 m über dem
Meer liegt und keinen direkten Zugang zu irgendeinem Hafen hat. Von einem
Aussichtspunkt aus haben wir einen grandiosen Blick in das Valle Gran Rey, das
sich in einer engen Schlucht atemberaubend unter uns auftut. Wir können gar
nicht anders, wir sind magisch von dem Tal angezogen und müssen da runter
fahren.
Die
Abfahrt auf glattem Asphalt ist ein Riesenspaß: wir genießen den warmen
Fahrtwind und die Eindrücke des weiter werdenden Tals. Doch da taucht leider
schon der erste von zwei auf unserer Straßenkarte eingezeichneten Tunnel auf:
Prädikat: lang, unbeleuchtet, dunkel. Bergab kein nennenswertes Problem, doch für
den Rückweg finden wir die Vorstellung, in diesen Tunneln hochzukurbeln, wenig
einladend. Zum Glück kann man zumindest einen der beiden auf der alten Straße
umfahren, was wir spaßeshalber schon auf der Abfahrt testen: links der Straße
türmt sich eine steile Felswand auf, die bei schlechter Witterung wohl zu
Steinschlag neigt, was zahlreiches Geröll auf der Straße bezeugt und rechts geht es ohne Begrenzung senkrecht in eine tiefe Schlucht, doch
wenn man schwindelfrei ist, und wie wir heute Glück mit dem Wetter hat, wird
der Mut durch wunderschöne Ausblicke belohnt. Bei der weiteren Abfahrt kommen
wir durch immer dichter besiedeltes und durch Bananenplantagen kultiviertes Land
bis an die Strandpromenade des Valle Gran Rey. Unten angekommen sind wir
eigentlich ein wenig enttäuscht, denn was von oben so malerisch und verwunschen
ausschaute, entpuppt sich an der Strandpromenade als die erste Begegnung auf La
Gomera mit dem Tourismus: in allen Ortsteilen wird kräftig gebaut und obwohl
Nebensaison ist, hört man überall vertrautes Deutsch. Das Tal der Aussteiger
hat dennoch glücklicherweise seinen eigenen Charme bewahrt. Nach der ersten
Inspektion der Hafenpromenade und der drei Ortsteile La Playa, La Calera und
Vueltas entscheiden wir uns, in Vueltas eine Unterkunft zu suchen. Bei einer
geschäftstüchtigen älteren Dame ergattern wir ein Zimmer ohne Balkon aber dafür
mit eigenem Bad und der Möglichkeit, die Räder im Flur abzustellen. Wir lassen
unsere Sieben Sachen in der Pension und erkunden den Ort, den die Hippies einmal
berühmt gemacht haben und der immer noch ein buntes Völkchen beherbergt.
Nach
zwei angenehmen Tagen, voller kulinarischer Genüsse und ohne im Sattel
gesessen zu haben, zieht es uns
weiter. Nun geht es wieder auf in den Regenwald, um die Orte im Norden zu
besuchen: Alojera, Vallehermoso, Agulo, Hermigua.
Was
eigentlich schöner sei, an unserer Art Urlaub zu machen, das Radwandern oder das
wilde Zelten, fragen wir uns, als wir abends am Westzipfel der Insel unterhalb
einer Kapelle sitzen, Spaghetti essen und bei einem Tee beobachten, wie über
dem Regenwald die Spitze des Teide, die rosa gegen den Himmel steht, langsam von
Wolken verschluckt wird. Auf der
anderen Seite des Tals senken sich Wolken immer tiefer auf den Regenwald herab
und nun, da das Licht hinter den Bergrücken verschwunden ist, wird die
Landschaft farblos. Außer ein paar Vogelstimmen kein Geräusch - kaum Wind. Wir
lassen den abwechslungsreichen Tag Revue passieren.
Beim
Aufstieg vom Valle Gran Rey bis nach Arure sind wir schon ins Schwitzen
gekommen, über zwei stramme Stunden hinein in den Himmel, doch kurze Zeit später
wird uns trotz des Berganfahrens kalt, da uns ein feuchter kalter Wind
entgegenschlägt. Der Regenwald hat
sich in einen Geisterwald verwandelt. Wanderer in Regenkluft sehen aus wie bunte
Gnome, die sich verlaufen haben.
Nach
einem Abstecher zu den Chorros de Epina, einer Wunderquelle, an der Wünsche in
Erfüllung gehen und angeblich auch mal angeschlagene Ehen geflickt worden sind,
und wir nur die Gelegenheit nutzen, unsere Wasservorräte aufzufrischen, rollen
wir wieder einmal bergab, dieses Mal in Richtung Alojera. Die Landschaft ist
sehr fruchtbar. In einem der zwei Cafés vor Ort lassen wir die Stimmung auf uns
wirken. Es ist Mittag und wir sind nach der langen Abfahrt aus dem kühlen
feuchten Regenwald froh, in der Sonne sitzen zu können. Nach Alojera sind wir
gefahren, weil von hier aus eine Piste entlang der gesamten Nordwestküste
beginnt. Nachteilig ist, dass sie in einer Sackgasse endet und zumindest ein
Teil doppelt gefahren werden muss. Irgendwo am Ende der Piste wollen wir die
Nacht zu verbringen und am folgenden Tag zurückfahren.
Langsam
wird es Zeit, den Café zu zahlen und aufzubrechen. Wir verlassen den Ort und
klettern langsam auf der schwarzen Schotterpiste von 200 Höhenmetern bis auf
700 Höhenmeter. Teilweise ist es so steil, dass wir froh sind, den Luftdruck
reduziert zu haben, um bessere Traktion zu erlangen. Der
Weg führt uns durch Palmenoasen und kleine Ortschaften, weiter oben durch
zusehends karger werdende Landschaft. Zu unserer Linken, tief unter uns, der Atlantische
Ozean; wir meinen, Delphine
ausmachen zu können. Zu unserer Rechten steile Bergrücken. Bislang gibt es
keinen Punkt, wo wir übernachten können. Am letzten Teil der Piste angelangt,
verändert sich die Landschaft, der Weg ist nicht mehr schwarz und steinig,
sondern ockerfarben und lehmig.
Vor
uns tut sich eine bizarre Landschaft auf: Erosionsflächen und rund gewaschene
Hügel in warmen Erdtönen. In der Ferne vernehmen wir Trommeln und Gesang, die
vom Wind von einer abgelegenen Hütte zu uns getragen werden. Nachdem wir den
Blick am Ende der Piste hinüber nach Teneriffa ausgiebig genossen haben, machen
wir uns auf die Suche nach einem Übernachtungsplatz und treffen auf die besagte
Terrasse unterhalb der Kapelle. Am
folgenden Tag hätten wir es ganz einfach gehabt, wenn wir fliegen könnten,
denn die Straße, auf die wir wollen, liegt Luftlinie vielleicht 4 km von
unserem Übernachtungsplatz entfernt. Abends hatten wir dort die Lichtkegel von
Autoscheinwerfern beobachtet. Mit dem Rad dauert es ein wenig länger, denn der
Weg ist dreimal so lang. Wir fahren
nicht ganz zurück bis nach Alojera, sondern biegen vorher auf einer Piste links
ab, die an der Straße nach Vallehermoso mündet.
An den Quellen tanken wir erneut von diesem herrlichen Quellwasser auf. Kurze Zeit später genießen wir die Abfahrt in das Vallehermoso. Es ist eine rasante Fahrt mit schönen Aussichten: weiß getünchte Häuser, Weinterrassen, Palmen, Bananenstauden. Vallehermoso unspektakulär aber sympathisch : Kinder spielen Fußball, alte Männer mit Hüten sitzen im Schatten und unterhalten sich, niemand nimmt Notiz von uns - sehr angenehm. Nach einer ausgiebigen Pause, in der wir die Eindrücke auf uns wirken lassen, geht es weiter, wie immer auf dieser Insel nach einer Abfahrt mal wieder zur Abwechslung bergan. Das nächste Highlight ist Agulo. Unterhalb der Straße liegt diese Stadt, die mit ihren weiß getünchten Häusern auf zwei Hügelchen zusammengeklumpt ist. Das Meer ist zu erahnen, einen direkten Zugang hat auch dieser Ort nicht. Wir können wieder einmal nicht der Versuchung nachgeben, hinunter zu fahren, verlieren bei der Abfahrt Höhenmeter, die wir später wieder hoch strampeln müssen, nur um festzustellen, dass der Ort von oben malerischer ist als mittendrin. Na gut, wenn wir schon mal unten sind, müssen wir mal wieder essen gehen. In einem Restaurant, dass auf größere Touristenmengen ausgerichtet ist, werden wir nicht gerade freundlich bedient, aber es gibt nach einigem hin und her Salat und Tortillas. Gestärkt rollen wir weiter zum nächsten Highlight, Hermigua: bunte Häuser, Bananenplantagen, Mangosträucher, Avocadobäume. An der Straße stehen abgehackte und markierte Bananenstauden, die von Bananenblättern abgedeckt sind. Es ist kaum ein Mensch auf der Straße. Leider haben wir ausgerechnet in diesem Idyll ein Panne: Jan reißt bei der Abfahrt ins Tal das Ventil aus dem Vorderreifen, Gott sei Dank kommt er heil zum Stehen. Wir haben leider nur einen Ersatzschlauch dabei, und hoffen daher, dass es bei der einen Panne bleibt...
Von Hermigua aus wollen wir wieder einmal unser Pistenfieber ausleben: Es geht durch den Nordosten der Insel bis auf die Hauptstrecke San Sebastian - Vallehermoso. Zu Anfang ist die Strecke zwar sehr steil, aber fahrbar, als es jedoch auf die letzten Höhenmeter zugeht und langsam dämmerig wird, ist es so steil, dass wir nur schiebend weiterkommen. Ein Aufsteigen und Einrasten in die Klickpedalen ist nicht mehr möglich.
Die
Piste ist schleimig, weil es vor kurzem geregnet haben muss und es ist kein
Zeltplatz in Sicht. Uns bleibt nichts anderes übrig, als weiter bergan zu
fahren, wobei die Kräfte arg strapaziert werden. Oben angelangt erwartet uns
eine Überraschung: wir müssen ein Tor öffnen und hinter diesem Tor gehen alle
unsere Wünsche in Erfüllung: anstelle des rutschigen Bodens haben wir
Steinpflaster unter den Reifen, es ist eben, da wir ein Hochplateau erreicht
haben, und das beste: links der Piste ist eine lange Sackgasse, auf der wir
direkt an der Steilküste zelten können. Von den
Strapazen erholt, sitzen wir im allerletzten Licht vor dem Zelt und genießen
den Anblick auf ein in orangefarbenes Licht getauchtes Teneriffa.
Der kommende Tag ist bei uns als der Tag der Baustelle in die Geschichte eingegangen. Wir werden von fernen Motorengeräuschen geweckt und brechen daraufhin schnell unser Lager ab. Schon gestern ist uns aufgefallen, daß die Strecke von einer Wasserpipeline begleitet wird, doch war uns nicht klar, dass diese Pipeline noch gar nicht zu Ende gebaut ist. So fahren wir bis zur Teerstraße vorbei an Mischfahrzeugen, Kranwagen und Arbeitern, die die Rohre bearbeiten.
Auf der Hauptstraße angekommen sieht die Situation leider nicht anders aus: Baustelle. Scheinbar soll die gesamte Strecke bis zum Hochplateau untertunnelt werden, wenn dieser Riesenbaustelle fertig ist, sollte hier kein Radfahrer mehr lang fahren. Schon jetzt ist die Bergauffahrerei in unbeleuchteten Tunnels etwas für Radler mit Stahlnervensträngen...
Wir
biegen oben angekommen ab und atmen erst einmal tief durch, bevor wir im Regen
den Nationalpark durchqueren, um wieder auf die Nordseite der Insel zu gelangen.
Wir wollen die letzten Tage faul an der Sonne ausklingen lassen und weil das Wetter auf der Nordseite wegen der Passatwinde und der dadurch erzeugten Steigungsnebel deutlich unbeständiger ist, entscheiden wir uns für Playa Santiago, dem sonnensichersten Ort der Insel . Auf dem Weg dahin geht es wieder durch alle bekannten Facetten der Insel: fruchtbare Terrassen, Regenwald, auf der Südseite dann erst Kiefernwald und dann auf der kargen Südseite steil bergab zum Playa Santiago. Westlich etwas oberhalb von Playa Santiago liegt der dieses Jahr eröffnete Flughafen Gomeras, auf dem de facto so gut wie nichts los ist, glücklicherweise ist die Anlage ohnehin so klein geraten, dass Charterflieger gar nicht landen könnten.
Die
Straße in den Ort hinein ist die steilste Abfahrt, die wir je auf diesem Urlaub
erlebt haben: wir kommen in den Serpentinen auf ca. 70 km/h, bevor die Straße
einen starken Rechtsknick macht und wir in den Ort hineinrollen.
Hier sitzen wir nun in einer Bar an der Strandpromenade, beobachten die Fischerboote, schlürfen ein paar Drinks und lassen uns von der milden Novembersonne durchglühen:
Es
könnte so erholsam sein, warum nur müssen wir Radfahrer uns immer so quälen?
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