Ein Bericht von Thomas:
Der Blick um fünf Uhr morgens aus dem Fenster bedeutet nichts Gutes: grauer Himmel und leichter Regen bei 9 Grad. Am liebsten würde ich gleich wieder ins warme Bett gehen, doch leider habe ich schon den Endspurt Radmarathon letzten Sonntag ausfallen lassen. Im Gegensatz zu meinem Bruder Rainer, der von 3 Stunden schwerem Dauerregen berichtete, Respekt!Also, es gibt heute keine Ausrede, ich muss nach Oeversee, sonst würde
das begehrte NordCup-Trikot für mich in diesem Jahr wieder in
unerreichbare Ferne rücken. Trotz leichter Kniebeschwerden, die ich mir
vergangene Woche bei einer Trainingsausfahrt zuzog, raffe ich mich
schliesslich auf.
Start 7.30 Uhr. Es gibt Rosinenbrötchen. Immer noch Regen, leicht
zunehmend. Mein Bruder und ich wollen den Marathon zusammen fahren bis zum
Schluss. Wegen meines angeschlagenen Knies reihen wir uns weit hinten ein
und lassen es locker angehen. Gruppen bilden sich und fallen wieder
auseinander. Erster Kontrollpunkt in Idstedt nach 30 km, es gibt nur zu
Trinken. Schon jetzt habe ich nasse und kalte Füsse, Rainers Gesicht
sieht aus, als wäre er Paris-Roubaix gefahren.
Der Regen wird immer weniger, doch es ändert sich nichts daran, dass
uns ständig der Dreck vom Vordermann ins Gesicht schleudert. Versetztes
Fahren in der Gruppe ist angesagt, hilft aber auch nicht besonders viel.Am
Strassenrand stehen die ersten Unglücklichen mit Plattfüssen. Besonders
ärgerlich so früh nach dem Start.
Doch es lässt nicht lange auf sich warten, bis Rainer nach 58 km
seinen ersten Platten am Vorderrad ankündigt. Ersatzschlauch rein und
weiter. Nach wenigen Minuten Rainers nächster Platten, wieder am
Vorderrad. Durch den ganzen Dreck am Rad, haben wir eine kleine Scherbe,
die den letzten Platten auslöste, übersehen. Nun kommt mein
Ersatzschlauch zum Einsatz. Rainers Ersatzschlauch hat Totalschaden. Ab
jetzt müssen wir den nächsten Plattfuss flicken. Am folgenden
Kontrollpunkt in Satrup nach 1 km schliessen wir uns einer neuen Gruppe
an, in der es gut läuft.
Der Himmel ist noch immer grau, der Regen hat ganz aufgehört. Es geht
viel über kleine Nebenstrassen, mit aufgeweichtem Dreck, Sand und Pfützen,
die das Ganze nicht zur Spazierfahrt werden lassen. Wir sehen aus wie
Grubenarbeiter, sind völlig durchnässt und ausgekühlt. Nach knapp
80 km erreichen wir in der Nähe von Glücksburg die Flensburger Förde.
Die Strecke wird nun hügeliger. Direkt am Kontrollpunkt Langballig bei
km 91, vermelde ich meinen ersten Platten am Hinterrad. Wir verlieren gut
20 Minuten, da ich flicken muss und Rainer derweil unseren mittlerweile
einzigen Ersatzschlauch repariert. Für einige km geht es direkt an der Küste
entlang. Mittlerweile sind wir bis fast ans Ende der Marathonfahrer
"durchgereicht" worden. Jede vernünftige Gruppe ist nun in
unerreichbarer Ferne.
Nach nur 4 km vom letzten Kontrollpunkt entfernt erwischt mich mein 2.
Plattfuss am Hinterrad. Ich könnte vor Wut ins Rad beissen. Doch das gäbe
wohl 'ne teure Zahnarztrechnung. Also flicke ich lieber. Der Tacho zeigt
96 km an. Unterwegs sind wir bereits fast 5 Stunden.
Nach weiteren 6 km vermeldet Rainer Plattfuss, diesmal am Hinterrad.
Beim Flicken trete ich in Hundescheisse, soll ja Glück bringen......
Die Stimmung auf dem Nullpunkt, hungrig, ausgekühlt und genervt,
treten wir weiter Richtung Ziel. Mittlerweile sind wir noch nicht einmal
mehr sicher, ob wir noch vor Kontrollschluss ankommen werden.
Richtung Südosten gegen den Wind nähern wir uns der Schlei. Mein
Magen vermeldet die ganze Zeit Nahrungsbedarf, an den bisherigen
Kontrollen gab es ausschliesslich Müsliriegel, Bananen und natürlich zu
Trinken. Endlich bei km 152 gibt es die Warmverpflegung, Spaghetti
Bolognese. Meines Erachtens etwas zu spät, sinnvoller wäre es nach 120
oder 130 km gewesen. Erstaunlicherweise zähle ich noch über 10 "Marathonis",
wir sind also schon mal nicht die Letzten.
Nach dem Essen fühle ich mich wieder gut. Rainer hat seit einiger Zeit
leider Magenschmerzen, so bleiben wir die letzten 65 km in einer gemütlichen
Fünfergruppe.
Fazit:
Erstaunlicherweise hat mein angeschlagenes Knie der Dauerbelastung
standgehalten. Leider habe ich von der Landschaft, den blühenden
Rapsfeldern, grünen Wiesen und Wäldern nur am Rande etwas mitbekommen,.
Das schlechte Wetter und die ständigen Defekte haben viel Nerven
gekostet. Die ganze Zeit hatte ich kalte Füsse und war bis zur
Warmverpflegung, die viel zu spät kam, ständig hungrig.
Die Streckenwahl und Ausschilderung waren sehr gut. Die Verpflegung aus meiner Sicht nur ausreichend, vielleicht hatten wir auch nur das Pech der Nachzügler.
Thomas
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