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Meine kilometermäßig längsten Alleinreise auf dem Rad sollte es werden, und die längste nach 18 Jahren. Und es wurde eine Radtour mit eigentlich ausschließlich positiven Momenten, das neue Rad bekam seine erste richtige Aufgabe, nach mehreren kürzeren Touren. Das Wetter war unglaublich, ich durfte noch einmal den Sommer erleben. Es gab reichlich neue Eindrücke, die Chalkidiki, Bulgarien und Makedonien. Zu guter Letzt war die Erfahrung, nach einigen gesundheitlichen Dämpfern, immer noch eine solche Reise machen zu können, vielleicht das schönste von allem...
7.9.166
Mein Vater bringt mich zum Flughafen und dadurch, dass
Moni neuerdings dort arbeitet, kann ich nach dem Check-in noch mit ihr zusammen
Mittagessen! Ein schöner Abschied.
Nach schon 2,5 Stunden ist Thessaloniki erreicht. Das
Gepäck kommt zügig, mein Radkarton wird mir auf einem Trolley persönlich
übergeben, willkommen in Griechenland!
Mit auf dem Rücken geschnellten Karton radele ich die
etwa 2,5 km zum vorbestellten Hotel Iris, wo ich den Karton lagern lassen kann.
Dieses ist angenehm, ruhig, sauber und kostet mich 50 €
incl. Frühstück... nur einen Laden gibt es in der Nähe nicht, so komme ich noch
zu einer kleinen Rundfahrt, bis ich einen Kiosk (Periptero), finde.
Es ist noch warm am Abend, ein schöner Spätsommertag mit
farbenfrohem Sonnenuntergang.
9 km
28.9.16
Der Wecker klingelt früh, das Frühstück ab 7.00 h ist
reichhaltig und lecker. So komme ich vorm Losfahren mal zu etwas im Magen...
Es zieht sich quälend lang, bis ich die letzten Vororte
von Thessaloniki hinter mir gelassen habe. Wie zuletzt auch in Korinth sind
manche Straßen nur durch überwinden von Leitplanken zu erreichen... es ist
überraschend kühl, ich habe ja nur meine klick-Sandalen dabei und muss sogar die
Armlinge herausholen.
Langsam wird die Umgebung attraktiver und ich winde mich
zweimal auf 400 m und mehr hinauf - damit hatte ich gar nicht gerechnet. Es ist
sehr ländlich, der Verkehr reduziert sich auf wenige Autos, aber so richtig
"griechisch" kommt es mir gar nicht vor, da alles unheimlich grün ist.
Leider schwillt der Verkehr vor erreichen der
Wespentaille des Kassandrafingers enorm an, da es nur eine Straße hinüber gibt.
Direkt danach biege ich küstennah ab und fahre in stetem auf- und ab durch
kilometerlange Ferienhaussiedlungen. Ohje, schon hier hat es mehr Tourismus als
gefühlt auf dem gesamten Peloponnes zusammen! So wird es den ganzen Tag
weitergehen, zum Glück sind nur noch ganz wenige der tausenden Wohnungen, Häuser
und Lauben bewohnt. Sehr schön ist der Abschnitt bei Sani, hier zieht eine
sandige Piste durch Pinienwald und das Meer ist ganz nah. Ich treffe hier nur
ein Auto und bin das erste mal im Wasser. Die Strecke schwenkt dann ins Inland
über Kassandria und später arbeite ich eine sehr schöne, aber auch
anspruchsvolle Piste ab, die mich bei Mola Kalyva wieder an die Westküste führt.
Was ich immer wieder vergesse, sind die total aggressiven Hunde in
Griechenland...
Mindestens zehn Attacken musste ich heute überstehen,
teilweise völlig unerwartet preschen die Viecher aus der Botanik!
Ein paar Kilometer später in Nea Skioni esse ich lecker
in einer Taverne mit WLAN Bifteki. Es ist so warm, dass ich mich in den Schatten
umsetzen muss...
Recht spät rolle ich weiter, immer auf der Suche nach
einer Quelle oder einem Wasserhahn, habe aber Pech, denn schon habe ich Loutra
passiert uns bin in der Steigung hinüber zur Ostküste. Schon sehe ich etliche
tolle Plätze zum Zelten, habe aber kein Wasser. Beim Kloster Agias Paraskevi
frage ich an einem Haus und bekomme eine Flasche Mineralwasser geschenkt!
Zusätzlich bitte ich noch um Leitungswasser, wäre ja zu schade... und wie der
Zufall es will passiere ich zwei Kilometer später eine Quelle und einen
geschlossenen Club mit Wasserschlauch vor der Tür.
Die Suche nach einem guten Schlafplatz zieht sich, am
Ende ist es nicht schön, aber einsam und ich bin auch ziemlich kaputt, insofern
muss es passen. Gemischte Gefühle also zu Kassandra bisher.
12-23 Grad, 123 km, 2000 hm, 8:15 Fahrtzeit, Ü auf 285 müNN
29.9.16
Eine sehr ruhige Nacht. Morgens ist alles feucht. Nach
einem Kilometer bemerke ich, dass ich das IPhone verloren habe, also zurück und
tatsächlich liegt es auf den Waldweg - ich hatte es vergessen von der
Vorderradtasche zu nehmen....
Über Agia Paraskevi wechsele ich über die Bergkette
hinüber auf die Ostseite, eine Abfahrt mit Regenjacke, immerhin 300 m bergab in
die aufgehende Sonne. Mit dem Erreichen der Küstenstraße folgen 25 km durch
langweilige Touristenorte, zu erwähnen ist lediglich, dass man an einigen
Stellen parallel noch etwas strandnäher durch ganz ansehnliche Feriensiedlungen
fahren kann, dort ist es deutlich ruhiger.
Kurz vor der Brücke über den Kanal muss ich ein Stück
Kraftfahrzeugstrasse nehmen, da das Schild plötzlich auftaucht... über Agios
Mamas und Kalyves geht es auf der schnell befahrenen Straße voran, ich bin froh
bei Gerakini wieder am Wasser ausweichen zu können, auch vor Metamophosi gibt es
eine ruhige Alternative am Wasser. Langsam nähern sich die Berge, die das
Rückgrat von Sithonia bilden! Mit dem Einbiegen auf den mittleren Finger der
Chalkidiki ist es auf einmal wie verzaubert! Kleine Strände, verwunschene
Buchten, ich bin völlig begeistert. Stellenweise sehr schöne Hotels und
reichlich Tourismus. Nach einem erneut längeren Stück am Meer entdecke ich am
Paralia Lagomandra ein nettes Restaurant vom gleichnamigen Hotel und esse eine
frische Dorade, zum Nachtisch bekomme ich eine Kugel Eis auf Kuchen auf Kosten
des Hauses - Griechenland überrascht immer wieder.
Die weitere Fahrt ist einfach nur schön. Bei angenehmen
24 Grad geht es im sanften Auf und Ab entlang der traumhaften Küste. Hinter dem
Protzkomplex Porto Karras geht ein unscheinbares Sträßchen parallel zur
Hauptstraße durch bezaubernde Landschaft. Leider habe ich zu wenig Wasser an
Bord, mehrfach schon hätte man einen tollen Schlafplatz am Strand ansteuern
können. An einer Ferienanlage entdecke ich zum Glück einen Wasserhahn, spüle
mein T-Shirt aus und tanke 4 Liter Duschration... nach Passieren des Campings
Stavros liegen etliche Minibuchten direkt unterhalb der Straße. Schon jetzt ist
der Verkehr gleich Null, das riskiere ich mal. Noch steht die Sonne hoch, also
erst mal Baden, was essen, die Lage peilen. Einige Fischerboote knattern in der
Ferne vorbei. Noch vor Sonnenuntergang stelle ich das Zelt auf, ich möchte das
unbedingt auf einen Foto festhalten. So nah habe ich - glaube ich - noch nie am
Wasser geschlafen. Da es aber völlig windstill und das Meer glatt ist, sollte es
kein Problem sein. In prächtiger Sonnenuntergang lässt mich noch lange aufs Meer
starren, später checke ich Optionen für die weiteren Tage. Die Wettervorhersage
ist weiterhin unglaublich gut. Aber morgen wird erst einmal Sithonia umrundet -
man darf gespannt sein.
12-24 Grad, 122 km, 1180 hm, 7:00 h Fahrtzeit, Ü auf 0
müNN
30.9.16
Ich habe gut
geschlafen, nachts musste ich mir aber ein Kopfkissen basteln, irgendwie lag ich
Kopf tief... Mit dem ersten Licht kommt ein Angler in "meine" Bucht. Ich bin
schnell weg, alles ist trocken uns so packt es sich einfach besser.
Wieder bricht
ein wunderschöner Tag an, kleine Buchten, aber auch lange Sandstrände liegen
noch im Schatten. Ich holpere einige Kilometer über eine Piste, die nah an der
Küstenlinie verläuft, im Prinzip bis Toroni, wo ich mir Obst und Joghurt kaufe
und frühstücke. Die Orte sind typische griechische Ferienorte, unstrukturiert,
marode aber auf ihre Art und Weise liebenswert. Koufos hat den größten
griechischen Naturhafen und einen langen Sandstrand. Hiernach wechselt die Straße
hinüber an die Ostküste und es geht ohne Flachstück 250 m hinauf und genau so
wieder hinunter, es ist der Beginn eines brutalen Küstenabschnittes,
wunderschön, aber extrem kraftraubend. Bis zum Ende von Sithonia geht des nun
permanent noch und runter! Über allem thront im Dunst majestätisch der Berg
Athos, eine 2000 m hohe Pyramide in der Ferne. In Sarti mache ich den nächsten
längeren Stopp, ein quirliges Örtchen mit köstlichem Bäcker. Der weitere Weg
nach Vourvourou zieht sich und bringt mich an den Rand der Kraftreserven. Hinter
der Ort entdecke ich fließendes Wasser und befreie Hose und Hemd von Schweiß, es
ist so heiß, dass ich einige km nur in Badehose zurücklege. Am Camping Rea in
der Lagunenlandschaft mache ich meinen Badestopp. Zu essen gibt es heute in
Ormos Panagias, wo ich in einem Fischrestaurant ein riesiges Bifteki bekomme.
Auch hier folgt ein Nachtisch (süßer Kuchen) auf Kosten des Hauses. Die Hitze
flirrt immer noch so sehr, dass ich den nächsten fiesen Anstieg "oben ohne"
angehe, das Wasser läuft mir nur so herunter! In Pirgadikia, nun schon fast in
der Mitte zwischen Sithonia und Athos, treffe ich zwei französische
Langzeitradler, die auch den nächsten Hügel hinauf und dann zelten wollen... wir
klönen ein bisschen, ich sehe sie heute aber nicht wieder.
Die letzten
Kilometer bergab suche ich einen Biwakplatz, was nicht so einfach wie gedacht
ist, und wirklich ist der Platz erneut kein toller, wegen der etwas exponierten
Lage warte ich mit dem Aufbau des Zeltes bis zur Dunkelheit. Wie darf jeden
Abend bellen überall Hunde...
13-25 Grad, 105 km, 1870 hm, 7:30 h Fahrtzeit, Ü auf 165 müNN
1.10.16
Ein
wahnsinniger Tag, ein Tag nachdem man weiß, warum diese Art zu reisen so
begeistert. Ein bisschen Bammel hatte ich ja, vor der Hitze. Eigentlich war es
am Anfang nur eine Idee, nach Bulgarien zu fahren. Aber nachdem ich nach drei
Tage die Finger der Chalkidiki umrundet hatte, war ich heiß auf etwas Neues, ein
Land das ich nicht kannte. Aber der Weg dorthin beschwerlich, mehrere Bergketten
stehen im Weg, Hitze in der Ebene ist angesagt. Zunächst ist es morgen kühl,
ganze 8 grad und alles klitschnass, das liebe ich ja... aber man fährt sich mit
Pulli und Handschuhen bergauf schnell warm. Die Strecke ist schön, kaum Verkehr,
Megali Panagia wird umfahren und ich erreiche rot, also als größere
Verbindungsstraße eingezeichnete Route, die mich nach Paleochori bringt. Ein
sehr hübscher, gepflegter Ort mit Supermarkt und Bäckerin, selbige spricht gut
englisch. Ich frage sie überrascht, ob es hier immer so kalt sei, immerhin hat
es nochmal wieder um mehrere Grad auf 7 (!) Grad abgekühlt. Sie bejaht, schiebt
es auf die Lage am Fluss und die Berge. Weiter geht's hinauf, an Brombeerhecken
entlang, unter herbstlichen Kastanien hindurch durch zauberhafte Wälder auf über
700 m hinauf. Plötzlich blicke ich schon hinunter auf den großen Volvisee, in
der Ebene. Nach rauschenden Abfahrt erreiche ich die Bundesstraße Thessaloniki -
Kavala, die sich als schnell, aber wenig befahren entpuppt. Nach wenigen
Kilometern kanonisch schon nach Norden abbiegen und bekomme nun den ersten
Hitzeschock, wieder gut 350 hm bergan in der Mittagshitze...
bei Arethoussa
ist eine Art Hochebene erreicht, die ich nun halbwegs entspannt abrollen kann.
Die Orte sind langgezogen, ausgestorben und ziemlich unansehnlich. Die Hitze
flirrt über dem ausgetrockneten Gras, ein bisschen erinnert es mich an Marokko.
Der Berg Kerdilio wird umfahren, in Skepasto finde ich endlich einen Laden, aber
Eis ist alle! Hinab nach Nigrita ist der Fön eingeschaltet, der Gegenwind mit
der Hitze trocknet aus...
Nigrita ist
eine quirlige Kleinstadt, hier abseits der gängigen Routen wird man nach dem
woher und wohin gefragt, alle sind freundlich. Es ist zwar schon sehr warm, aber
ich entschließe mich die letzten gut 20 km nach Serres noch schnell zu
bewältigen, um dort ausgiebig zu pausieren und noch einen ordentlichen Schwung
in die Berge zu schaffen, um der Hitze am späten Nachmittag zu entfliehen. Enke
gute Idee, das GPS lotst mich sicher durch die Stadt und zeigt mir ein tolles
Restaurant, in welchem es nur Souflaki gibt, aber auf hohen Niveau! Dazu Patates
und Tsatziki, ein Klassiker. Auch hier werde ich von allen drei Generationen
neugierig beäugt und befragt, bekomme Tipps, wird meine Route diskutiert, der
Senior hat ein paar Jahre in Stuttgart gearbeitet und prophezeit mir, ich müsse
schieben nach Exochi! Als es etwas kühler wird fahre ich weiter, direkt aus dem
Ort geht es in das Menikiosgebirge, hier stehen schon 2000 er. Noch knapp 10 km
kurbele ich in die Berge, entdecke Wasser und kurz darauf einen legendären
Schlafplatz, ruhig, sichtgeschützt und mit tollem Panorama. In der Sonne ist es
noch so angenehm, dass ich das volle Programm der Körperpflege durchziehen kann
und dabei einige großartige Ausblicke genießen kann.
7-28 Grad, 128
km, 1980 hm, 8:30
h Fahrtzeit, Ü auf 480 müNN
2.10.16
Am Morgen ist
alles staubtrocken, 14 Grad... es beginnt ein langer Anstieg, der mich bis 1002
m führen wird. Die Sonne verbirgt sich zum Glück noch lange hinter den hohen
Bergen. Vereinzelt passiere ich Häuser, griechische Jäger nutzen den Sonntag in
Scharen. Bereits nach etlichen Kilometern erreiche ich ein Flusstal und es kühlt
wiederum so dramatisch ab, dass ich immer mehr anziehe, am Ende sind nur noch 5
Grad, endlich komme ich wieder in die Sonne zum Aufwärmen... Hinter Kato Vodrou
liegt eine große Hochebene auf 450 m, die ich komplett umrunden muss, um Kato
Nevrokopi zu erreichen, hier kaufe ich ordentlich ein, es ist völlig unklar, ob
es an der Grenze etwas geben wird. Die Frau im Laden ist erneut sehr
interessiert an meiner Tour. Die Strecke zu den Customs of Exochi zieht sich mit
einer leichten Steigung, oben herrscht der griechische Zöllner, die Autofahrer
müssen aussteigen, um ihm die Pässe zu überreichen. Danach geht es durch den
Tunnel der Hellenisch-Bulgarischen Freundschaft, zum bulgarischen Pendant, wo
man die Pässe aus dem Auto übergeben kann. Bei mir prüft er minutenlang das
Dokument... Der erste Ort nach wenigen Kilometern heißt Sadovo, die Ortsnamen
sind lateinisch und kyrillisch beschriftet. Alles sieht ziemlich baufällig aus,
Zuschauer lehnen an den Pkw und schauen ein Fußballspiel auf dem Rasenplatz
direkt von der Hauptstraße aus, viele drehen sich um und beobachten mich, das
gab's lange nicht mehr. Ein Eselfuhrwerk kommt mir entgegen...
in der
nächsten größeren Kleinstadt namens Goze Deltschew gibt es sogar einen Lidl, der
sonntags offen hat. Ich nutze die Gelegenheit mit ec-Karte zu zahlen. Der Kurs
ist 1,95:1 Lew an Euro gekoppelt. Später hebe ich 50 Lew ab und esse eine Art
bulgarischen Döner. Ich werde gefragt, ob ich geschäftlich hier sei, meiner
Antwort, ich sei Tourist und interessiere mich für Land und Leute wird mit
großem Erstaunen, fast Unverständnis begegnet.
Der kommende
Anstieg ist gut 900 hm lang, was ich vorher zum Glück nicht wusste. In der
sengenden Nachmittagshitze kämpfe ich mich von Quelle zu Quelle bergan. Die
Straße ist in einem hervorragenden Zustand, der Verkehr gering, die Steigung ok.
Landschaftlich ist es wild und sehr einsam, immer wieder werde ich freundlich
hupend oder winkend begrüßt. Oben auf dem Popovi Livadi-Paß auf über 1400 m steht ein etliche Meter hohes Denkmal, sieht
aus wie Lenin, eine Tafel dazu fehlt leider, im Nahhinen vermute ich, es
handelt sich um Gotze Delchev, den omnipräsenten Revolutionär. Die rauschende Abfahrt lässt mich
erst nach 1100 hm stoppen. Ich will eine kleine Piste nach links probieren. Die
ist aber extrem steil und glitschig, so dass ich bald aufgebe, suche ich doch
schon einen Schlafplatz, da kommt ein Typ aus dem Gebüsch und bettelt mich
an...
Als ich ihm etwas zu essen geben will, verneint er und will Geld. Alles klar, das war's, weiter geht's...
So lande ich
ein paar Kilometer weiter auf einer weiteren Piste, wo ein Brunnen
ausgeschildert ist. Am Ende befindet sich ein umzäuntes Areal mit einer Art
Heilgenschrein, gefüllt mit Ikonen. Ich beschließe zu bleiben, nur der Brunnen
ist leider trocken zu dieser Jahreszeit, wie auch etliche Quellen unterwegs.
Menschen sehe
ich bis zum Schlafengehen keine, es ist noch sommerlich warm, zwei Tage noch
soll das Wetter halten...
3.10.16
Der etwas
verwegene Schlafplatz blieb problemlos, noch bei Dunkelheit breche
sicherheitshalber auf und rolle schnell im ziemlich flachen Tal etliche
Kilometer gen Westen. Zur linken thront die mächtige Bergkette des über 2000 m
hohen Grenzgebirges, rechts sind es bis zu den nächsten Bergen einige Kilometer.
So geht es im sanften Auf und Ab zum Grenzübergang Kynata, den ich ursprünglich
zur Rückkehr nach Griechenland erwogen hatte, aber tun einen ist dieser offenbar
ein reiner Autobahnübergang, zum andern wollte ich einen größeren Bögen schlagen
wenn der Zeitplan es zulässt, und er tut es! Es geht nun auf Petritzsch zu,
einer Kleinstadt mit offenbar größeren Einzugsgebiet. Entlang des Flusses Struma
ist die Strecke teilweise eng und der Verkehr im Vergleich zu den anderen Tagen
etwas gewöhnungsbedürftig. Erstmals sind einige Wolken am Himmel und seit langem
einmal wieder gibt es Schlaglöcher. Die Sonne kommt spät über die Bergkette,
noch ärgert man sich darüber, in zwei Stunden werde ich es bedauern. Petritzsch
ist eine quirlige Stadt, viele Läden, bunter Verkehr, für Eselfuhrwerke ist die
Einfahrt in die Stadt übrigens verboten. Ich frisch meine Vorräte auf und
schaffe es radebrechend in einem Bauchladen eine Bulgarienkarte zu erstehen,
Maßstab 1:520.000, Preis 3,50 Lew. Immerhin, auch der Teil Mazedoniens ist mit
drauf, durch den ich will.
Bis zur Grenze
ist es überraschenderweise nur noch 20 weit, ich wollte eigentlich noch etwas
essen, da das Geld irgendwie nicht weniger wird. Kurz vor der Grenze besichtige
ich noch Samuels Festung, eine Wehranlage von 1014, die liebevoll sozialistisch
mit Betonturm renoviert wurde, ich bin der einzige Gast ( 2 Lew).
Die
Grenzkontrolle ist entspannt, kaum jemand außer mir unterwegs. Etwas angespannt
hatte ich der Karte die Bezeichnung A4 für die nun anstehende Straße entnommen,
aber diese ist meilenweit von einer Autobahn entfernt. Auf relativ entspanntem
Profil sind es 30 km in die nächste größere Stadt namens Strumica. Zunächst
fällt auf, dass die Bausubstanz besser als im Nachbarland ist. Es gibt auch in
MK Eselkarren und die wenigen Orte haben eine intakte Struktur, sogar in der
Regel einen Laden. Angeblich kann man überall auch mit Euro zahlen, sagt das
Internet. Im Strumica versuche ich mein Glück. Nachdem der Verkehr unangenehm
zugenommen hat, allerdings nicht so wie die Hitze, die inzwischen fast
unerträglich ist, steuere ich den ersten etwas übersichtlich sortierten Markt an
und hole ein Getränk, Euros werden nicht akzeptiert, also für wenige Denar die
Master Card benutzen. Im Zentrum spricht mich ein kleines Restaurant an, in
den sehr viel los ist, sicherheitshalber frage ich: keine Euros. Nun gut, ich
hebe also an der nächsten Bank 1000 Mazedonische Denar ab (ca. 16€) und fahre
zurück und ordere den Grillteller und eine Coke, die Hitze bleibt unter der
Überdachung vorübergehend fern. Der ganze Spaß kostet mich 3,20€ ungerechnet,
unglaublich! Trotz der Mittagszeit ( es ist hier übrigens so spät wie in
Deutschland, also eine Stunde früher) breche ich auf und muss zunächst einen
kleinen Pass (450 m) überwinden, aber die Straße steigt moderat und der Verkehr
ist gering. Übrigens gibt es zum Glück außerhalb Griechenlands keine nervigen
Köter mehr...
Irgendwie habe
ich mir plötzlich in den Kopf gesetzt, den Dojransee zu erreichen, um mich dort
abzukühlen. Mit über 40 qkm ist er der drittgrößte See in MK nach Prespa- und
Ohridsee, die ich von einer anderen Reise kenne. Der Wind kommt von hinten und
ich mobilisiere die letzten Reserven trotz Hitze und anstrengende Tage zuletzt
und komme noch vor 16:00 h, also zwei Stunden vor Sonnenuntergang am See an. Die
letzten Kilometer waren sehr einsam, wenn es nicht so heiß wäre, hätte ich dort
wunderbar zelten können. An der ersten Badestelle bin ich Wasser - welch eine
Erfrischung!! Das Wasser mag 22 Grad warm sehn, die Luft ist hochsommerlich, ein
traumhafter Abend. Es gibt eine kilometerlange Uferpromenade, sogar mit Radweg,
die ich entlangrolle, das ein oder andere Eis essend, dabei entdecke ich einen
genialen Übernachtungsplatz relativ nah am See. Das passende Restaurant ist auch
schnell entdeckt, Salat, Hauptgericht, zwei Getränke, zusammen für 6€, lecker
war's auch noch :-) Leider schlagen erstmals die Mücken zu, dafür ist die
Himmelsfärbung bei untergehender Sonne genial.
Als ich das
Restaurant verlasse, sind noch 22 Grad. Ein echter Geheimtipp der See. Ich
glaube hier muss ich nochmal hin.
9-28 Grad, 135 km, 1020 hm, 8:10 h Fahrtzeit, Ü auf 160 müNN
4.10.2016
In der Nacht
ist heftiger Wind aufgekommen. Gut, dass ich etwas abseits der Wasserkante
gezeltet habe! Noch im Halbdunkel rolle ich Grenzposten vor. Majestätisch
knattert die riesige Mazedonische Flagge im Wind, die griechische klein und
zerrissen. Where are you going, Mister? Fragt der griechische Grenzer. Klingt
eher kontrollierend, als interessiert. Was soll man darauf antworten. Ich sage
mal Thessaloniki, aber hilft ihm das weiter?!
Die
griechische Seite ist, wenn man aus Bulgarien bzw. Mazedonien kommt, überraschend
geordnet und aufgeräumt, was man sonst ja nicht unbedingt empfindet...
Die Straße
verläuft im Prinzip schnurgerade und weitestgehend flach nach Süden. Obwohl sie
breit ausgebaut ist, hält sich der Verkehr in Grenzen. Es ist der erste Tag, an
dem es morgens sehr warm ist und bleibt (!), ich musste sonst immer Socken
tragen, heute kann das entfallen, die Sonne ist schnell über die nur noch
flachen Gipfel.
Unglücklicherweise geht die Straße plötzlich in eine KFZ-Strasse über. Ich kann
gar nicht ausweichen... als der Verkehr zunimmt (110 km/h sind erlaubt) weiche
ich auf eine sog. Service-Lane aus, die aber irgendwann verdämmert. Ich schiebe durch
einen knietiefen Fluss, umfahre langatmig einen Bahnübergang. Wäre ich doch auf
der Straße geblieben, genauso unvermittelt endet die KFZ-Strasse und es geht
weiter auf einer Landstraße wie bisher.
Das GPS lasse ich ja immer über die kürzeste Strecke routen, damit entdeckt man oft zwar schmale oder bergige, aber gering befahrene Alternativen. So auch heute, plötzlich befinde ich mich auf knapp 500 m über Thessaloniki und rausche ins Zentrum hinunter. Dennoch ist die Fahrerei recht lästig, viele Ampelstopps im brüllender Hitze und null Rechte für Radfahrer... irgendwie erreiche ich die Promenade, auf der ein schöner Radweg angelegt ist. Die Griechen sind ja in mancherlei Hinsicht kulturlos, da hilft ihnen auch die Geschichte nicht, so aber auch beim Radfahren. In jedem anderen Land Europas würde ein Reiseradler von sportlichen Radfahrern gegrüßt werden, nicht hier. Zudem hat man die Evolutionsstufe Radfahren übersprungen, wenn Rad dann gleich E-Bike...
Stattdessen quälen sie sich in Fünferreihen Meter für Meter durch die Stadt. Irgendwie geht's dennoch kilometerweit über Ausfallstrassen an Ikea, Lidl, Intersport und Konsorten vorbei nach Agia Triada, wo ich im Hotel Nice View mit wahrlich tollen Blick vom Olymp bis Chalkidiki einkehre . Ein netter, etwas angestaubter Familienbetrieb. Zuvor hatte ich im Nachbarort noch gebadet, dort er es aber recht trubelig, hier am Ende der Bucht ist es beschaulicher. Vom 7-10.9. hat es hier so katastrophal geregnet, dass alles überschwemmt wurde, die Kellner vollliefen und der Strand weggespült wurde, die Aufräumarbeiten sind noch nicht beendet.
Ich mache noch
einen Rundgang und genieße den lauen Abend, es hat sich bewölkt und erneut ist
Wind aufgekommen. Zum Abendbrot gibt es Taramas und Moussaka, sehr lecker und
nur für mich. Von mir fällt jetzt so ein bisschen die Anspannung ab. 6 Tage
Outdoor mit wilden Zeltnächten - ich freue mich richtig aufs Bett.Ich mache noch
einen Rundgang und genieße den lauen Abend, es hat sich bewölkt und erneut ist
Wind aufgekommen. Zum Abendbrot gibt es Taramas und Moussaka, sehr lecker und
nur für mich. Von mir fällt jetzt so ein bisschen die Anspannung ab. 6 Tage
Outdoor mit wilden Zeltnächten - ich freue mich richtig aufs Bett.
16-27 Grad, 105 km, 800 hm, 6:15
h Fahrtzeit, Ü auf 5 müNNN
5.10.2016
Der Tag ist
relativ schnell zusammengefasst: ich fahre die Aussackung der Chalkidiki südlich
von Thessaloniki ab, versuche immer nah am Wasser zu bleiben, besuche die
Kitesurfer und den Leuchtturm in Angelohori, den Hafen in Michaniona und das
wunderschöne Kap bei Epanomi. Durch das Land geht es mit tollem Blick über die
Bucht auf Thessaloniki zurück, die Luft ist klar, der Wind kräftig und es ist
ein entspannter Ausklang einer tollen Reise. Abends gibt es Boujourdi ( habe ich
in 40 Jahren Griechenland noch nie gegessen) und danach Gemista.
14-23 Grad, 68 km, 650 hm, 5:30 h Fahrtzeit,
Ü auf 5 müNN
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