Ein Bericht von Jan:
Welchem Radbegeisterten läuft beim Klang der Strecke "Genf-Nizza" nicht das Wasser im Mund zusammen?! Die Route des Grandes Alpes über die höchsten und vielleicht schönsten und schwersten Pässe der Alpen? Erinnerungen an die Tour de France kommen in den Sinn: Pantanis Kampf mit Ullrich, oder der Galibier wegen Schnee gesperrt! Uns hatte diese Route schon lange fasziniert, problematisch erschien die Logistik, denn wie sollte man zurückkommen vom Mittelmeer: etwa die ganze Strecke wieder zurückradeln?
Nach einigem Hin- und Her hatten wir die Idee der Zugfahrt verworfen. Als zu zeitaufwendig und teuer, ebenso unflexibel erwies sich diese Art des Reisen erneut. Zufällig hatte die KLM ein Sommerspecial im Angebot, so daß wir für den Gabelflug Hamburg-Genf und dann Nizza-Hamburg am Ende keine DM 600.- für zwei Personen zahlten...
Für knapp drei Wochen erschien uns die Strecke
ein wenig zu kurz, so daß wir (ohne groß ins Detail zu gehen) einen
Anschlußaufenthalt auf Korsika planten. Die Insel wäre sicherlich für sich
alleine eine Reise wert gewesen, aber bei unseren Planungen war uns aufgefallen,
wie schwierig ein Flug von Hamburg nach Korsika zu bekommen wäre und so bot es
sich an, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen.
Um es vorweg zu sagen: es wurde eine unvergessliche Tour. Im Herbst solch ein Glück mit dem Wetter zu haben, kann man zwar hoffen, aber daran wirklich zu glauben, wäre vermessen.
Das Wetter:
Wir haben lediglich einen einzigen Regentag erlebt, ansonsten nur wunderbares Sonnenwetter. Zwar kühlte es in den Nächten bedingt durch die Höhenlagen oftmals rapide ab und die Temperaturen lagen oftmals unter 5°, das Zelt war klitschnaß und mußte unterwegs mehrfach getrocknet werden (wer will schon ein Kilo Wasser umsonst die Pässe hinaufschleppen ;-)?). Tagsüber verwunderten uns mehrfach Temperaturen um 30°. Und das zu einem Zeitpunkt, wo bei schlechter Witterung Teile der Strecke bereits einer Wintersperre unterliegen könnten. Auf dem höchsten Punkt der Reise, dem Cime de la Bonette war es bei Windstille und milden 15° gut auszuhalten...
Der Streckenverlauf:
Genf - Bonneville - Le Petit Bornand - Col de Aravis (1498 m) - Col de Saisies (1633 m) - Albertville - Col de la Madeleine (1993 m) - St. Jean de Maurienne - Col du Telegraphe (1566 m) - Col du Galibier (2646 m) - Col du Lautaret (2058 m) - Briancon - Col de Izoard (2360 m) - Guillestre - Col de Vars (2109 m) - Jausiers - Col de Restefond - Col & Cime de la Bonette (2802 m) - Isola - St.Sauver - Nizza
Fährfahrt nach Bastia - St. Florent - Calvi - Porto - Cragese - Ajaccio - Bahnfahrt nach Corte - Ponte Leccia - Col de Bigorno - St. Florent - Rundfahrt um´s Cap Corse - Bastia
Unschöne Tage:
Gab es eigentlich keine, nur Strecken, die man gerne vermieden hätte - als da wären: die Durchquerung von Genf (unvermeidbar...), La Chambre - San Michel de Maurienne (viel Verkehr, Schnellstraße, Baustellen), die legendäre 100 km Abfahrt nach Nizza (Gegenwind, Verkehr). Auf Korsika wurden wir Zeugen heftigster Waldbrände, die uns ahnen ließen, welche Hilflosigkeit gegen diese Naturgewalt herrschen kann.
Pleiten, Pech und Pannen:
Der Kocher: unser schöner neuer Benzinkocher machte uns anfangs Probleme, aber Ravioli schmecken auch kalt...Bis heute streiten wir darüber, an wem es lag...Viele Campingplätze hatten bereits das Ende der Saison eingeleitet, so daß wir mehrfach in kleinen Parkanlagen, auf bereits geschlossenen Campingplätzen mit (kalten Duschen...) oder einfach "wild" zelten mußten. Bei genauerer Betrachtung hatte das aber auch seine Vorteile...
Eindrücke:
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Die legendäre Durchquerung der französischen Alpen ist landschaftlich ein echtes Highlight. Neben den fast lieblichen "kleinen" Pässen Col de Aravis und Col de Saisies üben die Klassiker eine kaum zu beschreibende Faszination aus. Der Madeleine mit seinem steilen Einstieg von Norden, der Blick von der Paßhöhe auf die vergletscherten Gipfel im Südwesten. Der Galibier mit seinen kargen Hängen und den nicht enden wollenden Serpentinen, der Blick hinunter ins südliche Tal, der Izoard mit seinen wunderbar bewaldeten Flanken und der Casse Deserte auf der Abfahrt und schließlich die Königin der Paßstraßen, die höchste Paßstraße Europas mit dem einzigartigen Blick vom Cime de la Bonette, welch Gänsehaut überkommt den Bezwinger dieser Strecke...
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Der Col de Vars, der bis zum Gipfel durch ein Skigebiet führt und uns ein wenig enttäuschte. Besonders wenig abgewinnen konnten wir Korsika. Nachdem wir schon nach knapp einer Woche am Hafen von Nizza standen und die Fährpläne studierten, hofften wir noch weitere wunderschöne Tage auf der oftmals so hochgelobten Insel zu erleben.
Sicher, Korsika hat seine Reize, vielleicht ist uns auch manches verborgen geblieben, aber als eingefleischte Kretafans, Kenner einiger Kanaren, Mallorcas, Zyperns sowie zahlreicher weiterer griechischer Inseln blieb am Ende ein eher nüchternes Fazit: die Eigenheiten Korsikas traten für uns nicht wirklich hervor. Wir erlebten außerhalb der eigentlichen Saison einen starken Verkehr, schlechte Straßenverhältnisse, hohe Preise, einen bis in den letzten Winkel vorgedrungenen Tourismus und eine relative eintönige Landschaft ohne wirkliche Highlights. Am Ende der Reise waren wir uns einig, daß wir nicht so schnell wiederkommen würden. zum Vergleich: nach unserem ersten Kretaaufenthalt kamen wir noch im selben Jahr wieder. Aber vielleicht waren die "erdigen" Eindrücke aus der rauhen Alpenwelt noch zu tief in uns und belegten unsere Sinne und wir tun der Insel einfach unrecht, dann wollen wir uns an dieser Stelle entschuldigen. Es gibt sicher noch eine zweite Chance!
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